«Urlaubspastor» sorgt für Seelsorge im Strandkorb «Urlaubspastor» Uwe Brinkmann am Strand von Bensersiel (Kreis Wittmund) an der ostfriesischen Nordseeküste. (Bild: dpa) Von Heiko Lossie, dpa Bensersiel (dpa) - Es geht auch ohne Kanzel und Altar: Im ostfriesischen Ferienort Bensersiel ist geistlicher Beistand im Strandkorb zu finden. Uwe Brinkmann ist dort «Urlaubspastor».
Seit 13 Jahren verlässt er jeden Sommer seine Heimat Osterode und fährt für 14 Tage an die Küste. Denn die Touristen sollen auch im Urlaub auf Gottes Segen nicht verzichten müssen. Nach Angaben der evangelischen Landeskirche gibt es in Niedersachsen 90 Kurseelsorgedienste - so die offizielle Bezeichnung. Schwerpunkt des Angebots ist die Küste.
Der beschauliche Ort Bensersiel im Landkreis Wittmund wird zur Hauptsaison von 3000 Campern und ebenso vielen Mietern von Ferienwohnungen bevölkert. «So entsteht auf einen Schlag eine neue Gemeinde», sagt Brinkmann, während er in seinen Talar schlüpft und die Wohnung in Richtung Strand verlässt. Vorbei am Campingplatz steuert er einen seiner Arbeitsplätze an - Strandkorb Nummer 100.
«Sind Sie echt?», fragen Ilse und Werner Walz zwei Strandkörbe weiter. Sie hatten eine «Szene für den Film» vermutet. Brinkmann erklärt dem Ehepaar aus Baden-Württemberg seine Funktion. «Das ist klasse, dass die Kirche hier zu uns kommt», meint der 70-jährige Walz. Brinkmann verzichtet auch meist auf die auffällige Dienstkleidung, trägt sie heute aber «der Symbolik wegen». Der Talar sei beim Sitzen im Strandkorb recht hinderlich, verrät er.
Außerdem erkennen die meisten Urlauber ihren «Kurprediger» längst auch so. Denn Bensersiel ist Brinkmanns zweite Heimat geworden. Auf dem Campingplatz lernte der heute 45-Jährige vor 27 Jahren seine spätere Ehefrau Andrea kennen. Damals halfen die beiden ehrenamtlich im Bibellesebund. Die ökumenische Organisation hat immer noch ein Zelt zwischen den Wohnmobilen und bietet Programm für Kinder. Auch die drei Kinder der Brinkmanns engagieren sich inzwischen dort.
Die arbeitsfreie Zeit bedeute für die meisten Urlauber nicht, sich automatisch intensiver als sonst mit Gott zu beschäftigen, sagt der Urlaubspastor. «Der Kopf ist eigentlich nicht freier, er ist voller. » Ohne stressigen Alltag sei aber «mehr Luft zum Reden». So erlebe er es oft, dass ihn Urlauber zunächst nur kurz ansprechen. «Und plötzlich geht das dann ganz tief, da steht man dann eine Stunde. »
Der Kurseelsorger will mit seiner Arbeit auch «Gedankenanstöße» geben. Vieles dafür greift Brinkmann aus dem Alltag auf. Beispiele hat er genug, denn sein eigentlicher Job ist Industriepastor. Er arbeitet für den «Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt» und betreut keine Heimatgemeinde. Bei seiner Arbeit ist das Fließband näher als der Taufstein. «Hier am Strand habe ich aber schon zweimal getauft», sagt der Osteroder, der auch gerne einmal am Strand ein Paar trauen würde.
Sonntags lädt der Urlaubspastor zum klassischen Gottesdienst ein. Bänke einer Bierzeltgarnitur reihen sich dann an der Ostseite des Campingplatzes den Deich hinauf. «Die Leute dürfen durchaus in Latschen und Badehose erscheinen», sagt Brinkmann. Einen improvisierten Altar gibt es auch: «Dafür haben wir einen alten Klapptisch mit Decke und Laterne. Und ein Stehpult ist die Kanzel. » Posaunenchöre, die aus ganz Ostfriesland anreisen, machen die Orgel überflüssig. Bei gutem Wetter feiern mehr als 200 Besucher die Andacht vor der Kulisse aus Wohnwagen und nahem Strand.
«Wenn die Kirche diesen Weg nicht gehen würde hin zum Urlauber, dann würde etwas fehlen», sagt Brinkmann, der für die Hälfte seines Einsatzes am Urlaubsort Arbeitstage angerechnet bekommt. Oft erreiche er Menschen, die «mit der Kirche schon lange nichts mehr am Hut haben». So sei einmal eine Großmutter mit ihren Enkeln zu ihm gekommen. «Sie ging seit Jahren nicht mehr in die Kirche, aber hatte bei dem Gottesdienst am Strand ihr Hochzeitslied wiedererkannt. »
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