Mit der Pferdekutsche durchs WattVon Stephanie Lettgen, dpa Cuxhaven (dpa/lni) - Holger Brabands Pferdekutsche hat keinen festen Fahrplan wie ein Bus. Ihre Abfahrtszeiten richten sich nach Ebbe und Flut. Wenn das Wasser zurückgegangen ist, ziehen die Warmblüter Pelle und Julian die Touristen durch das Watt zur Insel Neuwerk.
Eineinhalb Stunden dauert der Weg vorbei an Muschelbänken und Austernfischern. Was für viele Urlauber zu den Höhepunkten ihres Aufenthalts im Nordseeheilbad Cuxhaven gehört, ist für den 43-jährigen Braband Routine. Seit er 16 Jahre alt ist, fährt der Landwirt Fahrgäste sicher durch die Priele, in denen auch bei Ebbe das Wasser teilweise mehr als einen Meter hoch steht. «Mit diesem Wagen hat schon mein Opa Urlauber nach Neuwerk gebracht», berichtet Braband.
An diesem Morgen geht es bereits um 9.00 Uhr los. Doch die Reise nach Neuwerk führt erst einmal auf eine Leiter - anders schafft man es nicht auf die Wattwagen. Denn die sind viel höher als normale Kutschen, damit niemand nasse Füße bekommt. Abfahrt ist beim Haus Wattenpost der Familie Brütt am Duhner Strand. Im Auftrag ihres traditionsreichen Unternehmens nimmt Braband die Touristen mit auf den vierstündigen Ausflug. In Cuxhaven gibt es mehr als 40 Wattwagen, die die Touristen von Ostern bis Herbst zur Insel bringen. Nur bei schwerem Gewitter oder Sturm fallen die Fahrten aus.
«Ich mag den Umgang mit den Pferden und den Leuten», sagt Braband, während seine offene Kutsche zusammen mit vier weiteren Wagen über die Strandpromenade zu dem abgesteckten Weg im Watt rollt. Der Himmel ist noch bedeckt, eine leichte Brise lässt die Fahrgäste frösteln. Sie greifen zu den Wolldecken und ziehen die Reißverschlüsse ihrer Jacken zu. Die Urlauber stellen unzählige Fragen zum Leben auf Neuwerk, den Pferden oder den Rettungsbaken.
Geduldig gibt Braband Antworten. Sein Blick sucht dabei gleichzeitig nach allem, was seine Vierbeiner möglicherweise beunruhigen könnte - etwa ein entgegenkommender Traktor, der Waren für Neuwerk holt, oder eine flatternde Plastiktüte am Rucksack eines Wattwanderers. «Wichtig ist in so einer Situation immer, selbst ruhigzubleiben», sagt Braband. Doch heute kann Pelle und Julian gar nichts schrecken.
Braband hat auf seinen Fahrten schon vielen Gästen aus aller Welt das Watt gezeigt. An diesem Morgen ist Monika Krpan mit ihren kleinen Söhnen Joseph und Michael aus den USA dabei. «Das ist einmalig», schwärmt die Frau. Auf Neuwerk angekommen, haben die Gäste eine Stunde Zeit, um sich zu stärken oder die Stufen zum Leuchtturm zu erklimmen. Braband plaudert derweil mit den vielen anderen Kutschern, die mit ihren Wattwagen nach Neuwerk gekommen sind. Dann heißt es wieder Einsteigen, um rechtzeitig in Cuxhaven zu sein, bevor das Wasser zurückkommt.
Inzwischen ist der Himmel aufgeklart, die Sonne reflektiert auf den Prielen. Die Fahrgäste genießen auf der Rückfahrt ruhig die Aussicht. Nur das Kreischen der Möwen und das Gleiten der Räder durch den nassen Sand ist zu hören. Erholung vom Alltag nennt Landwirt Braband seine Arbeit als Kutscher. Ein Leben ohne die Wattwagen-Fahrten kann sich der 43-Jährige nur schwer vorstellen: «Den Job könnte ich auch als Rentner noch weitermachen.»
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