Rosen und Öltürme: Aberdeen hat viele GesichterVon Verena Wolff, dpa Aberdeen (dpa/tmn) - Aberdeen blüht: Rund 2,5 Millionen Rosen in allen Farben und Sorten stehen an den Straßen, in Vorgärten und Parks. Sie blühen in Weiß, Rosa, Pink, Gelb und Rot - und das bis in den späten Herbst hinein, wenn es schon kühl ist im Norden Schottlands.
«Es scheint, dass wir ein gutes Klima haben für Rosen», sagt Berenice Currie. Sie lebt seit gut 30 Jahren in der Stadt an den Flüssen Don und Dee und erzählt gerne von der bewegten Vergangenheit Aberdeens. Rund 212 000 Einwohner hat Schottlands drittgrößte Stadt heute. Die Fischindustrie machte die Stadt groß. Auch die Schiffs-, die Textil- und die Papierindustrie waren Eckpfeiler der Wirtschaft. Noch heute gehört der Hafen zu den größten in Großbritannien. «Aber Schiffe werden seit rund zwei Jahrzehnten nicht mehr gebaut», heißt es im Maritimen Museum.
Doch der Untergang dieser Industrie hat Aberdeen anders als etwa Glasgow nicht an den Rand des Ruins gebracht. Vor der Küste war da schon längst eine neue Einnahmequelle entdeckt: Öl. Seitdem blüht Aberdeen auch wirtschaftlich wieder - und trägt den Spitznamen «Ölhauptstadt Europas». Wer mit dem Zug durch die grünen Hügel von Edinburgh kommt, sieht weit draußen im Meer in regelmäßigen Abständen Bohrinseln. «Schwerindustrie haben wir hier oben aber nicht», sagt Berenice Currie.
Stattdessen haben die Einwohner lange, breite Sandstrände und Footdee. In dem idyllischen alten Fischerdorf nahe der Stadt liegen außerdem viele Golfclubs. Der in Deutschland elitäre Sport ist in Schottland eine Massenbewegung. Einheimische und golfende Besucher können hier auf sattgrünen Plätzen direkt am Meer abschlagen.
Doch am schönsten ist Aberdeen in den Parks und Gartenanlagen. «Rund 45 sollen es sein - und neben den vielen Rosen findet man dort elf Millionen Narzissen und drei Millionen Krokusse», sagt Currie. Zehnmal hat die Stadt den Wettbewerb «Britain in Bloom» der Königlichen Gartenbau-Gesellschaft gewonnen. «Nachdem Aberdeen neunmal in Folge gewonnen hatte, wurde die Stadt sogar vom Wettbewerb ausgeschlossen, um einem anderen Ort auch eine Chance zu geben.»
Nicht nur im Freien wachsen die schönsten Blumen in Hülle und Fülle. Im Duthie Park stehen die «Winter Gardens», mehr als ein halbes Dutzend Gewächshäuser, in denen botanische Schätze blühen: Passionsblumen und seltene Orchideen, Kakteen und ganze Beete von Amaryllis. Die farbenfrohen Blumen und Beete bieten dem Auge willkommene Abwechslung - denn ansonsten ist Aberdeen grau. «Das liegt daran, dass die meisten Häuser der Stadt aus Granit aus der direkten Umgebung gebaut wurden», erklärt Currie.
Rund zehn Prozent der Bevölkerung Aberdeens sind Studenten. Sie sorgen nicht nur für ein reges Nachtleben entlang der städtischen Hauptmeile Union Street, sondern auch für ein abwechslungsreiches Sport- und Kulturleben. «Aberdeen hat einige der ältesten Universitätsgebäude in ganz Europa», erzählt Berenice Currie. Das King's College wurde bereits 1495 gegründet, das Marischal College knapp 100 Jahre später. «In vergangenen Jahrhunderten haben die Aberdonians damit geprahlt, dass allein Aberdeen so viele Hochschulen habe wie ganz England. Dort gab es nur Oxford und Cambridge.»
Nicht nur im akademischen Bereich hat Aberdeen eine lange Tradition. «Die Gegend um die Stadt herum wurde schon vor mehr als 8000 Jahren besiedelt», sagt Currie. Im Jahr 1136 erhielt die Stadt das Recht, Schiffszoll zu erheben, 43 Jahre später folgte die Erhebung zur «Royal Burgh» - der erste Boom folgte.
1336 ließ der englische König Edward III. die Stadt niederbrennen. Als «New Aberdeen» wurde sie weitläufiger und großzügiger wieder aufgebaut. In den folgenden Jahrhunderten etablierte sich die Stadt an der Nordsee als florierender Fischerei- und Handelshafen mit dem größten Viehmarkt nördlich des Meeresarms Firth of Forth. Das Wirtschaftsglück wendete sich mehrmals in der Geschichte der Stadt, sie blühte, ging bankrott, blühte wieder auf. Seit dem Ölboom ist Aberdeen zurück auf der Landkarte der florierenden Städte Europas.
Auf ein Problem werden Besucher aber stoßen, die in die entlegenste der größeren schottische Städte reisen: die Sprache. Wer die Schotten nicht versteht, hier oben im Nordosten des Landes, braucht sich allerdings keine Sorgen zu machen - das geht sogar vielen Muttersprachlern so. «Doric» heißt der lokale Akzent, der in Aberdeen gesprochen wird und so ganz anders ist als das, was dem Reisenden im Rest Schottlands zu Ohren kommt. «Aber wenn man uns höflich bedeutet, dass wir schwer zu verstehen sind», sagt Berenice Currie, «werden wir uns bemühen, klares Englisch zu sprechen.»
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