Steinzeit-Kunst: Die Höhlenmalereien von LascauxVon Ulrike Koltermann, dpa Lascaux (dpa/tmn) - Im Licht der Taschenlampe scheinen sich die Stiere wie in einer Prozession vorwärtszubewegen. Pferde tummeln sich neben Hirschen mit verzweigten Geweihen. Es ist kühl und feucht in der Höhle, aber die Zeichnungen an der Decke leuchten in warmen Erdfarben.
Fast ehrfurchtsvoll blicken die Besucher nach oben auf das Kunstwerk, das der Grotte von Lascaux im Südwesten Frankreichs den Titel «Sixtinische Kapelle der Vorgeschichte» eingebracht hat. «Sooo alt soll das sein?», fragt ein kleiner Junge an der Hand seiner Mutter flüsternd.
Sooo alt sind die Felsmalereien mit schwarzem Manganoxyd und rötlichem Eisenoxyd allerdings gar nicht. Was die Besucher von «Lascaux II» bei Montignac heute sehen, ist eine Kopie der Grotte von Lascaux mit ihren schätzungsweise 17 000 Jahre alten Zeichnungen. Sie bildet sowohl das Felsrelief als auch die Zeichnungen originalgetreu nach. Die historische Höhle ist schon seit den 60er Jahren für die Öffentlichkeit gesperrt.
«Achtung, der Weg ist abschüssig, aber mit rutschfesten prähistorischen Linoleum ausgestattet», scherzt Philippe Camba, der die Gruppe durch die Höhle führt. Die Grotte ist erst 1940 entdeckt worden. Vier Jugendliche waren auf der Suche nach ihrem Hund, der in ein Loch gefallen war. Als sie ihn herausholen wollten, bemerkten sie, dass es sich um den Eingang einer Höhle handelt. Als sie mit Fackeln weiter hinunterstiegen, bemerkten sie die riesigen farbigen Tiere an der Decke. Kurz nach Kriegsende wurde die Höhle dann mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet und für Besucher geöffnet.
«Es dauerte nicht lange, da traten die ersten Probleme auf», erzählt Philippe. Die Besucher trugen an ihren Schuhsohlen alle möglichen Organismen in die Höhle, und eines Tages bildeten sich grünliche Algen an den Wänden. Kaum war die «grüne Krankheit» mit Hilfe von chemischen Mitteln behoben, breitete sich ein weißlicher Film auf den Felsmalereien aus. Beim Versuch, ihn abzukratzen, drohten sich die Malereien von der Wand zu lösen. Kulturminister André Malraux beschloss 1963, die Höhle für die Öffentlichkeit zu sperren. Um weiteren Schäden vorzubeugen, bekam Lascaux eine Klimaanlage, die die ursprünglichen Bedingungen wieder herstellen sollte. Trotzdem gab es vor zwei Jahren erneut Schimmelflecken an den Wänden.
«Natürlich fragt sich jeder, was diese Zeichnungen zu bedeuten haben», sagt der Höhlenführer. «Aber eine überzeugende Antwort haben wir bis heute nicht gefunden.» Die Steinzeit-Künstler zählen zur Gruppe der Cro-Magnon-Menschen aus der Altsteinzeit. Wenn Archäologen nicht weiter wissen, vermuten sie häufig religiöse oder kultische Gründe - so auch in Lascaux. Auffällig bei der Darstellung der Tiere an den Höhlenwänden ist, dass der Künstler das Felsrelief nutzt, um eine dreidimensionale Wirkung zu erreichen. Hier verläuft der Rücken eines Stieres entlang einem Felsabsatz, dort entspricht der Bauch eines Pferdes einer Wölbung im Gestein. «Da muss man erstmal drauf kommen», meint Philippe bewundernd.
Die Künstler haben im Licht von Fettlampen gearbeitet. Ihre Farben haben sie aus Erde mit verschiedenen Mineralien zusammengemischt. Sie wurde direkt mit den Händen oder mit Moosbüscheln aufgetragen. Selbst eine frühe Form von Airbrushing ließ sich in Lascaux nachweisen: Der Künstler hat die flüssige Farbmischung einfach in den Mund genommen und dann an die Wand geprustet.
Informationen: Maison de la France, Zeppelinallee 37, 60325 Frankfurt, Tel.: 0900/157 00 25 (für 49 Cent pro Minute)
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