Reisebericht: 9. Ayr (07.06.-21.07.2010)

Der Freitag und der Samstag sind schnell zusammengefasst. Während wir am Freitag noch einen relativ normalen Arbeitstag hatten was die Stundenanzahl angeht, toppte der Samstag alles bisher dagewesene. Am Ende des Tages hatte ich, die beiden 15 minütigen Pausen bereits abgezogen, ganze neun Stunden lang Zucchinis geerntet! Ich frage mich wirklich, wo die ganzen Massen an Zucchinis, die wir da jeden Tag von den Feldern holen, eigentlich bleiben. Immerhin handelt es sich bei Zucchinis um kein Grundnahrungsprodukt. Auch verzehrt man dieses Gemüse nicht in riesigen Massen oder isst es mal eben so nebenbei. Aber was interessiert mich das, schließlich werde ich ja weder fürs Denken noch fürs Fragenstellen bezahlt.

Trotz der vielen Stunden war der heutige Samstag mein bester Arbeitstag bisher. Ich hatte kaum Rückenschmerzen und als am späten Vormittag auch der Punkt überschritten war, an dem ich nicht .mehr merkte, wie geschafft ich schon bin, war ich nicht mehr zu stoppen. So kam es, dass ich zu den Auserwählten gehörte, die noch eine halbe Stunde länger arbeiten „durften“ als der Großteil der Anderen aus meinem Arbeiterteam. Froh war ich am Ende natürlich trotzdem, als es endlich Feierabend hieß.

Bereits zwei Stunden vor Feierabend war für eine Deutsche und einen (ich glaube) Engländer Ende im Gelände. Sie bekamen von unserer Teamchefin gesagt, dass ihre Probearbeit nun beendet ist und sie auch am nächsten Tag nicht wieder kommen brauchen, weil sie zu schlecht gearbeitet haben. Wie der genaue Wortlaut war, weiß ich nicht, es hat sich auf jeden Fall ziemlich schnell herumgesprochen, dass gerade wieder einmal zwei gefeuert wurden. Die Tatsache, dass man seinen Job schneller verlieren kann, als man ihn bekommen hat, setzt einen um ehrlich zu sein schon  etwas unter Druck. Da man auch nie erfährt, was die Gefeuerten falsch gemacht haben, bleibt immer die Angst, dass man am Ende des Tages ebenfalls rausgeschmissen wird.

Ein Grund, gefeuert zu werden, ist z.B., wenn man zu langsam arbeitet. Man darf daher schon gar nicht einfach nur herumstehen und mal kurz woanders hingucken, als auf den Boden, wo sich die Zucchinipflanzen befinden. Um herausfinden zu können, wie schnell oder eben langsam man arbeitet, vergleicht man sich logischerweise mit den anderen aus seinem Team. Da gibt es dann eine große Gruppe von Asiaten und eine zweite große Gruppe von Europäern. Sich mit einem Asiaten zu vergleichen, sollte man lieber von vorneherein lassen, denn bei diesem Vergleich kann man nur verlieren. Man muss sich das so vorstellen, dass sogar der schnellste Europäer noch langsamer arbeitet, als ein mittelschneller Asiate. Und dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich dabei um eine Frau oder einen Mann handelt. Vor allem die Frauen, die im Vergleich zu uns Europäern oft sehr klein, zart und zierlich wirken, sind oft die schnellsten und effektivsten Arbeitskräfte auf dem Zucchinifeld.  Wenn ich mir einbilde, viele Zucchinis auf meinem linken Unterarm tragen zu können, ist das nichts im Vergleich zu dem, was so manch eine Asiatin wegschleppt. Obendrein sieht man denen die Anstrengungen nicht mal wirklich an – als wäre die Zucchiniernte der einfachste Job der Welt. Etwas neidisch, aber vor allem mit großem Respekt, kann ich da nur meinen Hut vor ziehen!