Direkt nach der Arbeit ließ ich mich von den Anderen, die mit im Bus saßen, beim Supermarkt absetzen, da ich einige Lebensmittel brauchte. Mein Plan war es, bereits für das komplette Wochenende einzukaufen. Da die Geschäfte in Ayr am Samstag bereits um 17 Uhr schließen und auch am Sonntag nicht geöffnet haben, wollte ich mir damit den Stress ersparen, noch am Samstag nach der Arbeit einkaufen zu müssen.
Ich kam mir etwas komisch vor, weil ich mit meinen dreckigen Arbeitsklamotten den Supermarkt betrat, stellte dann aber schnell fest, dass auch andere mit ihrer Arbeitskleidung dort durch die Gänge schlenderten. Sonst war mir das gar nicht weiter aufgefallen, aber wenn man erst einmal auf solche Dinge achtet, sieht man sogar sehr viele Leute mit dreckigen Klamotten.
Zurück im Hostel zog ich es dann aber doch vor, erst einmal zu duschen. Danach packte ich meine Einkäufe in den Kühlschrank und im Anschluss machte ich mir ein Omelette-Sandwich. Dieses hatte ich mir ein paar Tage zuvor bei einem anderen Backpacker abgeguckt und mir sagen lassen, welche Zutaten er verwendet hat. David, der eigentlich aus Portugal kommt, aber in England aufgewachsen ist, war also die Inspiration für mein heutiges Abendbrot gewesen. Bevor ich euch verrate, was genau ein Omelette-Sandwich ist, will ich noch erklären, wie es überhaupt dazu kam, dass ich mir die Zutaten haben sagen lassen.
Seit meiner Ankunft in Australien hat sich aus kulinarischer Sicht einiges bei mir verändert. Am Anfang habe ich Instantsuppen mit heißem Wasser aufgekocht und das war dann auch schon alles, was ich an warmen Malzeiten zu mir genommen habe. Irgendwann habe ich mir sogar ab und zu Nudeln mit Tomatensoße gekocht. Aus irgendeinem Grund konnte ich mir Anfangs nicht vorstellen, in einer Hostelküche etwas zu kochen. Zum einen lag das wohl an der mangelnden Sauberkeit und zum anderen daran, dass die Hostelküchen meistens nicht sehr gut ausgestattet sind, was Kochutensilien angeht. Wiederum zwei Aspekte haben jedoch dazu geführt, dass ich mit der Zeit mutiger wurde. Erstens, niemand kann sich ein halbes Jahr lang nur von Instantsuppen ernähren und zweitens schon gar nicht, wenn man jeden Abend sieht, wie andere Backpacker die aufwendigsten Menüs auf den Tisch zaubern.
Das Spannende an einer Hostelküche ist, das ist mir jedoch erst nach einiger Zeit bewusst geworden, dass auf jeder Herdplatte ein anderes Gericht zubereitet wird. Und dadurch, dass in einem Hostel viele Kulturen zusammentreffen, findet jeden Abend sozusagen ein indirektes Kochduell der Kulturen statt. Natürlich kann man auf zwei von zehn Herdplatten auch immer den Klassiker Nudeln mit Tomatensoße, was anscheinend kulturübergreifend der absolute Renner zu sein scheint, entdecken.
Einige Zeit lang habe ich jeden Abend mehr oder weniger neidisch auf die Gerichte der Anderen geguckt und mich gefragt, warum ich selber eigentlich nichts Spektakuläres gekocht habe. Irgendwie erschien mir alles, was ich hätte zubereiten können, im Vergleich zu dem, was die Anderen kochten, langweilig.
Vor allem seit dem ich nun in Ayr im Workinghostel bin, wo wir Backpacker eine wirklich sehr gut ausgestattete Küche zur Verfügung haben, ist mir klar geworden, dass die Chance, anderen in den Topf gucken zu können, nutzen sollte. In einem Gespräch mit Katharina über das Thema Essen erzählte sie mir, dass sie zusammen mit einer anderen Backpackerin darauf gekommen sei, dass sie hier in Australien einen Essensneid entwickelt hätte, den sie so vorher nie gehabt hatte. Das „Problem“ ist, so stellten wir fest, dass jeder normalerweise für sich in seiner eigenen Küche sein Süppchen zusammenkocht und dann damit mehr oder weniger zufrieden ist. In einem Hostel ist es nun aber so, dass man zeitgleich zu seinem Essen auch noch das sieht, was die Anderen gemacht haben. Und da der Mensch von Natur aus immer das haben will, was er gerade nicht hat, entsteht ein gewisser Essensneid. Ich glaube, diese Bezeichnung trifft es ganz gut. Ich hatte in Australien schon sehr oft Essensneid. Nun, da ich diese Erkenntnis hatte, habe ich mir vorgenommen, nicht weiterhin neidisch auf das Essen der Anderen zu gucken, sondern von den Ideen und den Esskulturen der anderen Backpacker zu lernen.
Das alles führte nun also dazu, dass ich David fragte, was er dort genau macht und welche Zutaten er verwendet. Ich bekam folgendes erklärt:
- zwei Eier verquirlen und in einer heißen Pfanne anbraten
- zu der Eiermasse zwei bis vier Scheiben Käse von einem Käsestück dazugeben
- nach Belieben zwei bis drei Scheiben Tomate mit in die Pfanne geben
- Eiermasse in der Mitte zusammenklappen und dann das Ganze in der Pfanne wenden
- die halbmondförmige Eiermasse in ein aufgeschnittenes Brötchen legen
- bevor man das Brötchen zu einem Sandwich zusammenklappt, kann man noch zwei bis drei Scheiben Gurke dazulegen und das Ganze mit Salz und Pfeffer würzen
è Fertig ist das Omelette-Sandwich nach dem Rezept von David aus England
Da ich ja bereits einkaufen war und daher im Besitz von einer 12er Eierpackung bin, probierte ich das Ganze gleich aus. Zwar hatte ich auch Käse, auf die Tomate und die Gurke musste ich jedoch verzichten. Natürlich hat mein Omelette-Sandwich auch ohne das Gemüse sehr gut geschmeckt!
Nach dem Essen legte ich mich ins Bett, um mir einen weiteren Film auf dem Netbook anzusehen. Diesmal entschied ich mich für Slumdog Millionär, weil ich nun auch einmal wissen wollte, was alle an diesem Film so gut finden. Außer der erneuten Erkenntnis, dass die indische Kultur im Vergleich zur europäischen oder auch australischen Kultur sehr unterschiedlich ist, konnte ich dem Film nicht sehr viel abgewinnen. Zwar finde ich die Geschichte, die erzählt wird, ganz interessant, aber zum Nachdenken hat er mich nicht gebracht, was ich irgendwie von einem Film, der so viele Auszeichnungen erhalten hat, erwartet hatte.