Iglu-Dorf im Allgäu: Romantik bei 0 Grad CelsiusVon Birgit Klimke, dpa Oberstdorf (dpa) - Eine Nacht bei 0 Grad kann zu einem unvergesslichen Abenteuer werden. Vor allem, wenn die Schlafstätte auf fast 2000 Metern Höhe liegt. In den Allgäuer Alpen können Winterliebhaber eine solche Nacht erleben - in einem Iglu-Dorf auf dem Nebelhorn.
Es sollte ein besonderes Geschenk sein, das Nadine Barbieri von ihrem Mann Markus zu Weihnachten bekam. Deshalb buchte der 44-Jährige aus Hessen eine Romantik-Übernachtung in Oberstdorf in einer mit Rosenblättern und Kerzen geschmückten Suite. Als er seiner Frau riet, für die Nacht lange Unterhosen und eine Mütze einzupacken, war sie zunächst skeptisch. «Ich bin sehr gerne in den Bergen. Aber eine Nacht im Iglu auf fast 2000 Metern Höhe ist schon eine echte Herausforderung», sagt sie. Als die beiden ihr Quartier im Allgäu beziehen, ist Nadine Barbieri begeistert. «Es ist wunderbar. Die kuscheligen Rentierfelle machen den Raum richtig gemütlich. Ich bin gespannt, wie man hier schläft.»
Die Idee, für Gäste ein Iglu-Dorf in hochalpiner Lage zu errichten, ist nicht neu. Auf der Zugspitze etwa gibt es ein solches Dorf bereits seit sechs Jahren. In den Allgäuer Bergen aber ist das Angebot am Nebelhorn einzigartig, sagt Inhaber Matthias Lenz. Die ebene Fläche unterhalb des 2224 Meter hoch gelegenen Gipfels sei auch der einzige Standort im Allgäu, der sich für ein Iglu-Hotel in dieser Größe eignet. «Damit die Iglus halten, brauchen wir genügend Kälte und Schnee und damit eine gewisse Höhe.» Der Standort sei zudem durch die Nähe zu einer Bergbahn ideal. «Und nicht zuletzt ist das Nebelhorn von der Aussicht her der schönste Berg im Allgäu.» Bei klarer Sicht könne man rundum mehr als 400 Alpengipfel sehen.
Es ist eine kleine Hotelanlage, die Lenz und sein Team im Dezember dort oben aus Schnee errichtet haben. Drei Wochen dauerte der Aufbau. Allerdings wurden keine einzelnen Schneeblöcke aufeinander geschichtet, so wie man sich den Bau einer Eskimo-Behausung vorstellt. «Das ist bei der Größe unserer Iglus nicht möglich», sagt Lenz. Stattdessen wurden große Ballone aufgeblasen und mit tonnenweise Schnee zugeschüttet. «Die Iglus haben eine Wandstärke von bis zu vier Metern. Der komprimierte Schnee macht sie so stabil, dass eine Pistenraupe drüberfahren könnte.» Wenn die Witterung passt, sind in den Iglus bis Anfang April Übernachtungen möglich. Der Preis pro Nacht liegt zwischen 109 und 249 Euro.
Neben zehn Schlaf-Iglus für insgesamt 30 Personen gibt es in der Anlage noch ein Iglu-Restaurant und eine Iglu-Bar. Bevor sich die Gäste dort treffen, können die Mutigen unter ihnen einen Sprung ins Wasser wagen. Denn zum Iglu-Dorf gehört auch ein Whirlpool unter freiem Himmel, der mit 39 Grad warmem Wasser gefüllt ist.
Holger Rau (30) und Sonja Lieberherr (27) vom Bodensee sind an diesem Abend die ersten, die sich trauen. Nur mit Badehose und Bikini bekleidet steigen sie bei Temperaturen um 0 Grad fröstelnd in den Pool. «Die Überwindung, hier oben die warmen Kleider auszuziehen, ist sehr groß. Aber wenn man mal im Pool sitzt, ist es einfach toll», sagt die Schweizerin und ergänzt beim Blick in den Sternenhimmel: «Man verpasst etwas, wenn man es nicht macht.»
Von außen wirken die Iglus eher unscheinbar. Umso größer ist die Überraschung, sobald man durch die Holztüren ins Innere der Schneehügel gelangt. Unter dem Motto «Unterwasserwelten» haben Steinmetze aus der Region die frostige Herberge mit kunstvollen Reliefs ausgestattet. Die Motive aus dem Meer werden von bunten LED-Leuchten angestrahlt, die die Räume in ein warmes Licht tauchen. In der Bar und im Restaurant finden die Gäste auf Holzhockern mit Rentierfellen Platz. Die Kerzen auf den Holztischen sorgen für eine gemütliche Atmosphäre, wärmen können sie den Raum aber nicht. «Die Temperaturen in den Iglus liegen konstant um den Gefrierpunkt. Auch wenn es draußen minus 20 Grad kalt ist», sagt Lenz.
Eine mehrschichtige wintertaugliche Bekleidung samt Schal und Mütze ist also auch beim Abendessen angesagt. Die Gäste sind darauf eingestellt. Und während sie ihren eigenen Atem sehen können, lassen sie sich das Allgäuer Käsefondue schmecken. «Es friert einen nicht. Der einzige Nachteil ist, dass das Bier sehr kalt wird», sagt ein Teilnehmer. Nach einer geselligen Runde in der Bar oder am Lagerfeuer ziehen sich die Gäste in ihre Iglus zurück. Vor ihnen liegt eine ruhige Nacht in völliger Abgeschiedenheit. «Der Moment, wenn ihr ausgezogen in den Schlafsack kriecht, ist am schlimmsten. Danach wird es warm», verspricht einer der Iglu-Guides.
Und tatsächlich: Als die Iglu-Bewohner am nächsten Morgen aus ihren Behausungen kommen, gibt es keinerlei Beschwerden. «Ich habe überhaupt nicht gefroren. Nach zwei Minuten war es im Schlafsack wunderbar warm«, sagt Uwe Huchler (36) aus Ingolstadt. Seine Freundin Christine Hartl (34) hatte sich vorsichtshalber mit einer Wärmflasche ausgerüstet. «Damit ging es ganz gut. Nur die Nase wollte nicht so richtig warm werden.»
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