Deutschlands ältester Nationalpark wird 40 JahreVon Ulf Vogler, dpa Neuschönau (dpa) - Kann im dicht besiedelten Deutschland wieder ein echter Urwald entstehen? Seit 40 Jahren läuft im Bayerischen Wald ein Naturexperiment, das genau dieses Ziel hat. Diese Woche feiert Deutschlands ältester Nationalpark Geburtstag.
Die Deutschen brauchten noch fast ein Jahrhundert - nachdem im Jahr 1872 in den USA der Yellowstone- Nationalpark gegründet wurde, der erste Nationalpark der Welt. Lange träumten danach auch deutsche Umweltschützer von solch einem Projekt, doch es schien kaum machbar. Im Jahr 1970 war es dann auch in der Bundesrepublik endlich so weit - im Bayerischen Wald entstand ein Nationalpark. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs kam auf tschechischer Seite noch der angrenzende Nationalpark Sumava hinzu, zusammen das größte Waldschutzgebiet Mitteleuropas.
Es entstand ein Schutzgebiet, dass sich völlig ohne Eingriffe des Menschen entwickeln und so wieder zu einem echten Urwald werden soll. Motto des Projekts: «Natur Natur sein lassen.» Naturschutzpräsident Hubert Weinzierl betrachtet dies insgesamt als Erfolgsgeschichte, allerdings mit Stolpersteinen. Das Prinzip, die Natur sich völlig selbst zu überlassen, sei «dem deutschen Wesen zutiefst zuwider».
An diesem Donnerstag (7. Oktober) wird mit einem Festakt in Neuschönau (Landkreis Freyung-Grafenau) das 40-jährige Bestehen des ältesten deutschen Nationalparks gefeiert. Am Wochenende ist dann ein buntes Fest für die Bevölkerung mit Gauklern, Bauernmarkt und dem Theaterstück «Konferenz der Tiere» geplant.
Heute gibt es vom Wattenmeer bis zu den Alpen 14 Nationalparke in der Bundesrepublik. Einer der Väter des Bayerwald-Nationalparks ist Weinzierl. Damals war er ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter in Niederbayern, heute ist der 74-Jährige Präsident des Deutschen Naturschutzrings. Mit seiner Initiative für einen Park wollte Weinzierl vor vier Jahrzehnten die Zersiedlung des noch weitgehend unberührten Rachel-Lusen-Gebietes für ein großes Skizentrum verhindern. Schließlich konnten sich Weinzierl und seine Mitstreiter, darunter Tierfilm-Legende Bernhard Grzimek, nach Jahren durchsetzen.
Im Bayerischen Wald manifestiert sich der Drang, doch noch einzugreifen, in einem erbitterten Streit um den Borkenkäfer. Die Käfer fressen sich seit Jahren durch die alten Waldbestände und hinterlassen hektarweise tote Baumgerippe - kein schöner Anblick. Kritiker fordern ein konsequentes Vorgehen gegen die Baumschädlinge.
Doch ein Wald stirbt, ein neuer wird geboren. Längst wuchern wieder Jungbäume zwischen den toten Stämmen. Nationalparkfans, die von diesem Naturschauspiel begeistert sind, verfügen gedanklich wohl über einen weiten Horizont. Denn das Wachsen des gewünschten Urwalds wird noch Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte dauern.
Bayerns damaliger Forstminister Hans Eisenmann (CSU) erinnerte schon bei der Eröffnung des Nationalparks am 7. Oktober 1970 daran, dass auch der Mensch lange Zeit die Landschaften umgeformt habe. «Wir sollen daher nicht ungeduldig werden, wenn wiederum Jahrzehnte vergehen werden, bis die Wälder um Rachel und Lusen in den Zustand zurückgeführt sind, der uns und unsere Nachfahren eine Vorstellung von ursprünglicher Natur und den Gesetzen ihres Wirkens vermitteln kann», schrieb Eisenmann vor 40 Jahren in der Festschrift.
Seit der Erweiterung im Jahr 1997 ist der Nationalpark 24 250 Hektar groß. Längst hat sich der Park zu einem Wirtschaftsfaktor für ganz Niederbayern und zu einem Wissenschaftszentrum unter freiem Himmel entwickelt. «Bislang wurden im Nationalpark Bayerischer Wald über 680 Forschungsprojekte durchgeführt», zählt die Parkverwaltung auf. Eine Studie der Universität Würzburg hat zudem die wirtschaftliche Dimension beleuchtet: Demnach kamen im Jahr 2007 rund 760 000 Besucher in den Park, jeder zweite Tourist wird erst durch den Nationalpark in die Region gelockt. Umgerechnet finanzierten diese Urlauber fast 1000 Jobs, rechneten die Gutachter vor.
Nationalpark-Pionier Weinzierl hofft, dass in den kommenden Jahren noch der eine oder andere Nationalpark in Deutschland neu ausgewiesen wird. Doch er warnt gleichzeitig vor einer Inflation: «Mehr als 20 Nationalparke sollten es am Ende in Deutschland nicht sein.» Die Qualität und der Seltenheitswert müssten gewährleistet werden. «Wo Nationalpark drauf steht muss Nationalpark drin sein.»
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