Zum 200. Geburtstag: Auf Darwins Spuren durch England In Downe bei London lebte Charles Darwin einst mit seiner Frau und sieben Kindern - heute ist das Gebäude ein Museum. (Bild: English Heritage Photo Library/dpa/tmn) Von Annette Reuther, dpa London (dpa/tmn) - Eine England-Reise kann selbst im Winter mit Vogelgezwitscher beginnen - oder mit dem Betrachten eines Leguans. Sie kann auch mit dem Warten vor einem Erdloch beginnen oder mit einem Rundgang durch ein schwüles Gewächshaus.
Sie kann so beginnen, wenn man sich auf Charles Darwins Spuren begibt. Im Februar steht der 200. Geburtstag des Evolutionsbiologen an. Überall in Großbritannien warten frisch herausgeputzte Attraktionen auf Besucher. In seiner Heimat lässt sich spüren, was für ein Mensch Darwin war und welchen Aufruhr er in seiner Zeit verursachte. Und billiger als eine Tour auf die Galápagos-Inseln, wo Darwin die endgültige Inspiration für seine Evolutionstheorie fand, ist die Reise über den Ärmelkanal auch.
Einen ersten Überblick über das Ausmaß seines Wirkens gibt eine Sonderausstellung im Natural History Museum in London. Für «Darwin - Big Idea» wurde Material aus Archiven in aller Welt zusammengetragen. Hier steht der Besucher, von künstlichem Wellenrauschen und Vogelgesang berieselt, vor Riesenschildkröten, Plattfröschen und ausgestopften Spottdrosseln. Letztere sammelte Darwin auf seiner Reise auf die Galápagos-Inseln und grübelte über dem kleinen Federtier zum ersten Mal über die Möglichkeit der Evolution nach.
 England widmet ihm ein Festjahr: Der Naturforscher Charles Darwin erblickte vor 200 Jahren in Shrewsbury das Licht der Welt. (Bild: NHM/dpa/tmn) Daneben liegt ein Büchlein. Auf der aufgeschlagenen Seite steht in Krakelschrift «Ich denke», darunter ein Evolutionsdiagramm - kaum zu glauben, dass dieses vermeintliche Gekritzel das Verständnis von buchstäblich Gott und der Welt revolutionieren sollte. Auch Darwins Arbeitszimmer ist zu bestaunen - es wurde originalgetreu nachgebaut.
Rund 25 Kilometer entfernt, in Downe südostlich von London, findet sich der Besucher in Darwins «echtem» Arbeitszimmer wieder. In dem Ort in Kent steht das Haus, in dem Darwin die meiste Zeit seines Lebens verbrachte. Derzeit wird es restauriert, um einen Tag nach Darwins Geburtstag, am 13. Februar, in neuem Glanz zu eröffnen. «Wir wollen den Besuchern vor allem zeigen, dass Darwin 'menschlich' war und kein irrer Denker», erklärt Museumsführer Richard Smith-Gore und streicht über einen Billardtisch, an dem Darwin Ablenkung von der Forschung fand. Sieben Kinder tollten einst in dem Haus umher. «Die Darwins waren eine sehr soziale, glückliche Familie, kein strenger viktorianischer Haushalt. Hier war immer was los», sagt Smith-Gore.
Wie konzentrierte sich Darwin bei dem Kinderlärm und Trubel? «Um Ruhe zu haben, marschierte er zum Beispiel auf seinem 'Thinking Path' im Garten entlang.» Diesen «Denk-Pfad» können auch die Besucher unter rauschenden Bäumen entlang spazieren. Wer dagegen Inspiration aus der Unterwelt sucht, ist bestens bei einem Erdloch im Garten aufgehoben, vor dem Darwin Regenwürmer beobachtete. Er klaubte sie auf und stellte sie in Gefäßen im Haus auf. Dabei wollte er ihre Reaktion auf Musik studieren. Auch seine letzten Lebensjahre verbrachte Darwin in Downe, wo er 1882 starb.
 Am Ufer des Flusses Severn suchte bereits der junge Charles Darwin nach Kleintieren, die er sammelte und studierte. (Bild: Visit Britain/Hayward/dpa/tmn) Geboren wurde Darwin am 12. Februar 1809 in Shrewsbury in Mittelengland. Dort wartete er 1831 im Pub «The Lion» auch auf die Kutsche, die auf das Schiff «Beagle» und damit auf seine wichtigste Reise bringen sollte. Heute erinnert so ziemlich alles in diesem Restaurant an alte Zeiten. In tiefen Sesseln sitzen in Zeitungen versunkene Männer, die hin und wieder im Tee rühren oder einen Schluck Bier trinken. Kein Wunder, dass Darwin nach der Rückkehr von den Galápagos-Inseln schrieb: «Ganz England scheint sich verändert zu haben, bis auf die gute alte Stadt Shrewsbury und ihre Einwohner.»
Das Städtchen lässt sich gut zu Fuß erschließen. Der Weg führt zum Beispiel zu Darwins Internat, auf das er nach dem Tod seiner Mutter mit neun Jahren geschickt wurde. Mit bis zu 30 Jungs teilte er sich den Schlafsaal, klamme Bettwäsche und magere Kost machten ihm das Leben zur Qual. Im Park am Fluss Severn und in der Umgebung begann er damit, allerlei Getier zu sammeln. «Er liebte Käfer und war bekannt für seine Sammelsucht», sagt Jon King, der das Darwin-Festival 2009 leitet, zu dessen Programm Stadtrundgängen und Lesungen gehören.
Es scheint fast so, als hätte man in Shrewsbury erst jetzt entdeckt, welchen Sohn die Stadt hervorgebracht hat. «Man brauchte wohl den 200. Geburtstag, um sich des Erbes bewusst zu werden», sagt King. So lässt sich auch erklären, dass Darwins Geburtshaus Sitz einer Statistikbehörde und für Besucher geschlossen ist. Zwar soll ein Museum daraus werden, aber bisher fehlen die Gelder.
 In Shrewsbury steht noch das Pub-Hotel «The Lion», von dem aus Darwin zu seiner Forschungsreise mit dem Schiff «Beagle» aufbrach. (Bild: Visit Britain/Hayward/dpa/tmn) Auf dem Weg zurück nach London ist ein Halt in Oxford angebracht. Denn nachdem er 1859 seine Theorie in «The Origin of Species» veröffentlicht hatte, kam es hier im Juni 1860 zu der ersten Auseinandersetzung zwischen Wissenschaft und Kirche: Darwins Verteidiger Thomas Huxley und Bischof Samuel Wilberforce lieferten sich ein hitziges Gefecht. Fast 150 Jahre später kommen nun am 12. Februar 2009 im University Museum of Natural History der renommierte Darwinist und bekennende Atheist Richard Dawkins und der derzeitige Bischof von Oxford, Richard Harris, zu einer Debatte zusammen.
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Infos Darwin-Jahr in Großbritannien Anreise: London ist von vielen deutschen Städten aus leicht mit dem Flugzeug zu erreichen. Downe ist von London mit dem Regionalzug etwa eine halbe Stunde entfernt. Shrewsbury liegt in Mittelengland an der Grenze zu Wales und ist von London mit dem Zug über Birmingham in etwa drei Stunden erreichbar. Oxford liegt rund 90 Kilometer westlich von London. Am schnellsten geht es in die Universitätsstadt mit dem Zug. Die Fahrt mit dem Bus dauert etwas länger, ist aber billiger. Klima und Reisezeit: Im Winter nicht zu kalt, es kann allerdings öfter regnen. Im Januar und Februar liegen die Temperaturen im Schnitt zwischen 2 und 8 Grad. Wetterfeste Kleidung ist wichtig. Währung: Für einen Euro gibt es 0,95 Pfund (Stand: Januar 2009) Informationen: Visit Britain, Dorotheenstraße 54, 10117 Berlin
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