Touristen dringend gesucht: Strandalltag in GriechenlandVon Georg Ismar, dpa Pythagorio (dpa/tmn) - Der gut genährte Tourist aus Deutschland bittet seine Frau um die Sonnencreme: «Elke, gib ma' das Tsatsiki her!» Währenddessen grollt es in den grünen Bergen hinter dem Strand auf der griechischen Insel Samos.
Dort oben liegt eine Militärbasis. «Da ballern sie unsere Milliönchen in die Luft», meint der Urlauber. Und zu einem Freund, der sich auf der Liege nebenan sonnt, sagt er: «Fast 20 Milliarden sind schon überwiesen worden. Ich bin mir sicher, die können ihre Schulden eh nicht zurückzahlen.» Er betont aber auch, dass es ein Jammer wäre, wenn dieses Land nicht auf die Beine käme.
Doch dafür braucht es auch viele Gäste, der Tourismus ist neben der Schifffahrt die wichtigste Säule der griechischen Wirtschaft. Nur so kann der Teufelskreis von steigenden Schulden und sinkender Wirtschaftskraft durch das radikale Sparprogramm durchbrochen werden. Doch die Deutschen sind an diesem Sonnentag mit Temperaturen von 30 Grad fast unter sich am Strand - und das, obwohl gerade Griechenlands Inseln einen sehr attraktiven Mix aus Gastfreundlichkeit, Geschichte, feinen Stränden und traumhaften Wanderrouten bieten.
Ob in Athen oder auf den Inseln Rhodos, Patmos und hier in Samos: Die Hoteliers und Tavernenbetreiber spüren einen Besucherrückgang von bis zu 20 Prozent. Alle Hoffnungen ruhen nun auf einem starken Juli und August. «Es gibt weniger Touristen, die zudem etwas weniger Geld ausgeben», klagt zum Beispiel Stelios Mihalakis, Betreiber des Hotels «Pythagoras» auf Samos - der Mathematiker Pythagoras war ein Sohn der Insel. Das Hotel ist gerade zu 60 Prozent ausgelastet. Mihalakis zerstreut Befürchtungen, dass es wegen der Mehrwertsteuererhöhung auf bis zu 23 Prozent teurer für Touristen werden könnte: «Wir zahlen für die höheren Steuern, da wir jetzt nicht die Preise erhöhen können.»
Besonders Gäste aus Germania werden vermisst. Zuletzt kamen nach Angaben des Deutschen Reiseverbandes (DRV) in Berlin rund 2,3 Millionen Deutsche pro Jahr nach Griechenland, 99 Prozent davon zog es auf die Inseln. «Es gibt eine Zurückhaltung, was Neubuchungen für Griechenland betrifft», sagt DRV-Sprecherin Sibylle Zeuch. Die Gründe sind nach Einschätzung griechischer Hoteliers vielfältig. Da werden die wiederholten Streiks von Fluglotsen oder im Fährbetrieb genannt. Und die Demonstration mit drei Toten am 5. Mai in Athen. «Das hat eventuell den ein oder anderen verschreckt», sagt auch Zeuch.
Astrid und Alex haben früher bei Siemens gearbeitet haben und sich 2008 auf Symi, einer Nachbarinsel von Rhodos, mit der Kneipe «The 2 As» selbstständig gemacht. Sie monieren ein oft zu einseitiges Bild in deutschen Medien. Das sei Gift für den Tourismus. «Und es wird der Eindruck erweckt, Griechenland versinke im Chaos», meint die Bayerin Astrid. «Wenn es in Berlin bei einer Demo Tote geben würde, könnte das auch keinen Griechen von einem Sylt-Urlaub abhalten.»
Aber es gibt auch strukturelle Probleme. Seit Einführung des Euro ist Griechenland kein Billig-Reiseland mehr, Tagesbudgets von 50 bis 100 Euro müssen einkalkuliert werden. Das Nachbarland Türkei ist weit günstiger und und hat in die bei Deutschen beliebten Anlagen mit All-Inclusive-Angebot investiert. So erlebte Griechenland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bereits 2009 einen Rückgang der ankommenden Flugpassagiere aus Deutschland von rund 4,2 Prozent.
Griechenland braucht gerade jetzt die Touristen aus Deutschland, ist immer wieder zu hören. Anders als in Island, wo es 2008 durch den Währungsverfall infolge des Zusammenbruchs der führenden Banken zu einem Touristenboom kam, kann das Euro-Land Griechenland nicht auf diesen Effekt zählen. Aber: Fast überall gibt es Preisnachlässe, Individualreisende können manchen Rabatt rausschlagen. Deshalb gab es nach Angaben des Anbieters L'tur im Monat Mai im Last-Minute-Bereich auch bis zu 30 Prozent mehr Buchungen.
Erschwerend für den Tourismus kommt hinzu, dass viele Griechen ihr Geld nun zusammenhalten, da die Steuern massiv gestiegen sind. Sind in Rhodos noch Zigaretten zum alten Preis von 2,90 Euro zu haben, so sind wenige Tage später auf Samos 3,70 Euro zu zahlen. Bestimmte Marken sollen in Kürze bis zu 4,40 Euro kosten. «An den Tankstellen fällt auf, dass immer weniger Leute volltanken, sondern nur noch für 10 oder 20 Euro», erzählt Hotel-Betreiber Stelios Mihalakis.
In der Krise kann auch eine Chance liegen, sagt Marsha Kritikos, die eine Pension auf der Insel Ikaria betreibt: «Gerade Deutsche, die hier vorbeikommen, betonen die Solidarität mit uns. Und vielleicht kann die Situation zu einem stärkeren Zusammenhalt in Europa führen.» Griechenland stehe nun stärker unter Beobachtung, das sei gut im Kampf gegen Korruption und Verschwendung. Und wenig später besteht ein Taxifahrer darauf, dass sein Gast eine Quittung annimmt. «Das ist ganz wichtig, das müssen nun alle hier lernen, damit es keine Geschäfte mehr unter der Hand gibt», sagt er in brüchigem Englisch. «Ändern wir uns nicht alle gemeinsam, haben wir keine Chance.»
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