Mit Badesachen, Sonnencreme und Fotoapparat ausgestattet stand ich um 8:00 Uhr am Hafen, um auf das Boot gelassen zu werden, mit dem schon kurze Zeit später in Richtung Great Barrier Reef ging. Obwohl ich in Deutschland eigentlich nie den Gedanken hatte schnorcheln oder tauchen zu wollen, war ich fest entschlossen, es heute einmal auszuprobieren. Da ich mich im für gewöhnlich schon im Schwimmbad nur ungerne vom sicheren Beckenrand wegbewege, hatte ich anfangs ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, später vom Boot aus ins große, weite Meer springen zu müssen. Zum Glück gelang es mir, diese Gedanken weitestgehend zu verdrängen, weshalb ich voller Erwartungen meine Bootstour in Richtung Riff beginnen konnte. Vom berühmten Great Barrier Reef hatte ich genauso wie vom Indian Pacific Zug schon einige Reportagen im Fernsehen gesehen und um ehrlich zu sein immer daran gezweifelt, dass es unter der Wasseroberfläche des Meeres wirklich so schön aussehen kann.
Kaum hatte ich das Boot, dass so groß war, dass bestimmt 100 Leute darauf Platz gefunden hätten betreten hatte, wurde mir von Frau, die zu der Crew des Bootes gehörte, einen Nummer zugeteilt. Von nun an war ich für den Rest des Tages die Nummer 26 - später dazu mehr. Als nächstes ging es zur Anprobe der Taucheranzüge. Ein junger Mann war davon überzeugt, dass mir die Größe 14 passen würde, was mir zwar schmeichelte, mir aber letztlich etwas Stress einbrachte, weil ich den Anzug später kurz vor dem ersten Tauchgang in eine größere Größe umtauschen musste. Nachdem alle einen Taucheranzug und die dazu gehörende Schnorchelausrüstung (Taucherbrille, Schnorchel, Schwimmflossen) bekommen hatten, gab es erst einmal Kaffee und Tee. Um 9:00 setzte sich das Boot endlich in Bewegung, worauf eine 1 ½ stündige Fahrt mit reichlich Wellengang folgte. Obwohl ich bei bisherigen Bootsfahrten nie seekrank geworden war, sorgte die Schaukelei dafür, dass mir ganz schön übel wurde. Der Himmel war strahlend blau und es war sehr schön warm, weshalb man eigentlich von guten Wetterbedingungen sprechen kann. Dennoch fühlte ich mich bei dem Fahrstil des Kapitäns nicht wirklich wohl. Zum Glück endete die Bootsfahrt irgendwann und das Boot kam zum Stehen, weshalb die Schaukelei ein Ende hatte. Da es mir schon nach kurzer Zeit wieder sehr gut ging, konnte ich mich nun mit meinem Schnorchelequipment kümmern.
Am hinteren Ende des Bootes gab es die Möglichkeit, entweder von einer Plattform oder über eine Leiter ins Wasser zu gelangen. Da saß ich nun wie Kermit der Frosch am Ende der Plattform. Meine Füße samt den Schwimmflossen waren bereits im Wasser und auch meine Taucherbrille und der Schnorchel saßen dort, wo sie hingehören. Während fast alles anderen schon längst im Wasser waren, kämpfte ich noch mit meiner Angst, mit den Schwimmflossen unterzugehen. Nie zuvor hatte ich solche Teile an meinen Füßen und leider hat mir auf diesem Boot auch keiner erklärt, wie man sich damit im Wasser am besten fortbewegt. Nach einigen Minuten hatte ich meinen ganzen Mut zusammen genommen und wagte den Sprung ins Wasser. Schließlich war ich zum Schnorcheln auf das Meer herausgefahren und nicht, um mit einem Taucheranzug und Schwimmflossen auf einem Boot herumzusitzen. Endlich im Wasser merkte ich schnell, dass man mit den Flossen nicht sofort untergeht, was mich mutiger werden ließ. Nun probierte ich, mich etwas von dem Boot wegzubewegen, was wohl sehr hilflos ausgesehen haben muss, weshalb neben mir auf einmal eine Frau der Crew des Bootes auftauchte und mir eine Schwimmnudel reichte. Mit diesem Styropor-Ding wirkte ich wahrhaftig nicht wie ein Könner, aber ich fühlte mich gleich viel wohler. Nun hatte ich die nötige Ruhe, mir von den Anderen abzugucken, wie man mit den Flossen am geschicktesten von der Stelle kommt. Das klappte dann auch relativ schnell alles ganz gut, weshalb ich mich auf das eigentliche Schnorcheln konzentrieren konnte.
Was ich mit meiner Taucherbrille direkt unter der Wasseroberfläche sehen konnte, ist mit Worten kaum zu beschreiben. Es war, als wäre ich in der Welt der Meerjungfrau Ariel gelandet. Alles war so wunderbar bunt und abwechslungsreich, dass ich von diesem Anblick gar nicht genug bekommen konnte. Da war zum einen die unglaubliche Kulisse des Riffs und zum anderen die vielen verschiedenen Fische. Große, kleine, bunte, einfarbige, im Schwarm schwimmende, allein schwimmende Fische und sogar Rochen und Schildkröten konnte ich beobachten. Ich war vom ersten Augenblick so begeistert, von dem, was ich dort sah, dass ich meine Ängste völlig vergessen habe und wie in einem Rausch hin und her geschwommen bin, um noch mehr, noch mehr und noch mehr sehen zu können. Mein Gedanke war, dass ich diese Eindrücke unbedingt mit einer Kamera festhalten möchte, weil es eigentlich unmöglich ist, diese unglaublichen Bilder zu beschreiben. Da es am Bord des Bootes die Möglichkeit gab, sich eine digitale Unterwasserkamera zu mieten, eilte ich zum Boot zurück, wo es jedoch erst einmal hieß, dass es jetzt Lunch gibt und danach an einer anderen Riffstelle weitergeschnorchelt werden kann.
Während des Essens lernte ich Gabriel aus Chile kennen, der wie er mir erzählte, ähnlich begeistert war von seiner ersten Schnorchelerfahrung wie ich. Auch er war zunächst ohne Kamera geschnorchelt, wollte nun aber ebenfalls unbedingt unter Wasser Fotos machen. Da es relativ teuer ist, eine Kamera zu mieten, schlug ich vor, dass wir uns eine Kamera teilen könnten, womit er sofort einverstanden war. Nach dem Essen und einer kurzen Einweisung in die Bedienung der Kamera, waren wir an der Zweite und zugleich letzten Schnorchelstelle angekommen. Schnell zogen wir unser Equipment an und schon waren wir wieder im Wasser. Zunächst hatte Gabriel die Kamera, bis auf einmal eine riesige Schildkröte direkt an uns vorbeischwamm. Ich merkte, dass Gabriel Schwierigkeiten mit der Bedienung der Kamera hatte, weshalb ich ihn fragte, ob ich mit der Kamera der Schildkröte hinterher schwimmen soll, damit ich noch ein Foto von ihr machen kann. Da er damit einverstanden war, tauschten wir zunächst unter Wasser die Kamera, was leider sehr viel Zeit in Anspruch nahm und dann konnte mich auf meiner Schildkrötenverfolgungsjagd nichts mehr stoppen. Immerhin gelang es mir, noch zwei Bilder von der Schildkröte zu machen, auch wenn diese hätten besser sein können, hätte ich von Anfang an die Kamera gehabt. Als Gabriel nach meiner Verfolgungsjagd wieder neben mir schwamm, fragte ich ihn, ob er damit einverstanden sei, wenn wir uns nach der Hälfte der Zeit mit der Kamera abwechseln würden. Demzufolge hatte erst ich 20 Minuten Zeit zur Verfügung und danach er.
Nun konnte mich nichts mehr halten. Ganze 20 Minuten bin ich im Riff hin und her geschwommen und habe dabei viele Fotos von der verzauberten Märchenlandschaft gemacht. Als die 20 Minuten abgelaufen waren und wir gerade dabei waren, die Kamera wieder zu tauschen, hörten wir aus der Ferne Trillerpfeifen. Ein Mann, der oben am Deck des Bootes stand, gestikulierte wild umher, um uns zu klar zu machen, dass wir zurück kommen sollen. Anscheinend hatten wir uns mit der Zeit geirrt und so war bereits jetzt der Schnorchelzeit beendet. Wieder an Bord es Bootes, entschuldigte ich mich bei Gabriel dafür, dass er nun gar keine Zeit mehr gehabt hat, um selber noch ein paar Bilder zu machen, was er jedoch nicht weiter schlimm fand. Er meinte, er habe sich schon über seine Unfähigkeit die Kamera zu bedienen geärgert, und hatte befürchtet kein einziges gutes Foto zu Stande zu bekommen. Er sei davon beeindruckt gewesen, wie leicht es für mich gewesen sei, zu schnorcheln, mich fortzubewegen und zu fotografieren und das alles auch noch gleichzeitig. Mit einem Lächeln im Gesicht sagte er dann noch, dass Frauen eben Multitasking Fähig seien und Männer nicht. Mal abgesehen von allen Fähigkeiten habe ich mich so wohl wie noch nie zuvor in meinem Leben im Meer gefühlt. Das erste Mal, dass ich keine Angst hatte unterzugehen und mich fast so frei gefühlt habe wie Ariel die Meerjungfrau höchst persönlich. Wie ihr sicher schon gemerkt habt, bin ich von meinem Schnorchelausflug mehr als begeistert. Ein eintauchen in eine andere Welt, die man mit seinen eigenen Augen gesehen haben muss!
Um noch die Sache mit der Nummer 26 aufzuklären. Damit die Crew des Bootes den Überblick darüber behalten konnte, ob nach jedem Schnorchelgang wieder alle Passagiere an Bord zurück sind, wurde jedem eine Nummer zugeteilt. Ein Crew-Mitglied hatte die Aufgabe, hinter jeder Nummer einen Haken zu machen, wenn sich die entsprechende Person an Bord befindet.
Zurück im Hostel bin ich nach dem Abendbrot früh schlafen gegangen, weil ich nach wo vielen aufregenden und wunderschönen Erlebnissen sehr müde war und dann auch sehr schnell eingeschlafen bin.