Man könnte meinen, wenn man nur im Zug sitzt, erlebt man nicht sehr viel. Zunächst einmal habe ich die Nacht hinter mich gebracht, in der ich versucht habe auf zwei Sitzen die perfekte Liegeposition zu finden. Inzwischen glaube ich, dass es die wohl gar nicht gibt. Ab 7 Uhr waren die meisten Fahrgäste damit beschäftigt, zu duschen und einen Platz im Speisewagen zu bekommen. Beides interessierte mich an diesem Morgen nur wenig. Ich stellte mich ab 6.45 Uhr an ein Fenster in dem Bereich zwischen zwei Wagons und guckte mir den wunderschönen Sonnenaufgang. Rote Erde ab und zu ein grüngrauer Strauch, blauer Himmel mit herrlichen Wolken und dazu die aufgehende Sonne im irgendwo des australischen Outbacks.
Während der Nacht hatten wir bereits eine andere Zeitzone passiert, weshalb ich bis jetzt keinen Überblick darüber habe, wie spät es eigentlich wirklich ist. Aber wozu braucht man schließlich eine Uhrzeit im australischen Nichts. Nach der Frühstückszeit stoppte der Zug in Cook und wir konnten für eine halbe Stunde den Zug verlassen. Nie in meinem Leben hatte ich ein kleineres Dorf gesehen.
Wohnhäuser, deren Anzahl an zwei Händen abzählbar war säumten die eine Seite der Eisenbahnschienen, während auf der anderen Seite Wassertanks standen. Schon im Zug erhielten wir die Information, dass wir möglichst noch am Zug auf die Toilette gehen sollten, da die Wasserreserven an diesem Ort gering seien. Außerdem sollten wir beim Aussteigen vorsichtig sein, da es hier keinen Bahnsteig gebe, sondern ausschließlich die Schienen. An jeden der 23 Wagons wurde zum Aussteigen eine kleine Treppe gestellt, über die wir aussteigen konnten. Auf Grund unseres Stopps gab es in Cook auf einmal mehr Menschen als Bäume und Häuser zusammen. Eigentlich gab es hier auch überhaupt gar nichts zu sehen. Die größte Attraktion war, dass wir nun unseren Zug das erste Mal von vorne sehen und fotografieren konnten, was beim Einsteigen in Adelaide nicht möglich war, weil der Zug länger ist als der Bahnsteig.
Ansonsten gab es wie gesagt noch ein paar Häuser, zwei alte Toilettenhäuser und eine Schule, die gleichzeitig als Krankenhaus genutzt wird. Da es an diesem wundersamen Ort heute früh zudem noch regnete, war dieser kurze Stopp alles in allem schon sehr kurios. In einem Haus hatte eine Frau, die anscheinend zu den Bewohnern dieses Dorfes gehört, einen Souvenirshop eingerichtet. Es gab alles, was man auch sonst in anderen Souvenirshops finden kann, nur eben mit der Aufschrift Cook. Diesen Shop öffnet sie immer nur dann, wenn einer der großen Passagierzüge vorbeikommt. Das bedeutet im Sommer 4x die Woche und im Winter zwei Mal die Woche für jeweils eine halbe Stunde. Aus dem Fernsehen weiß ich, dass der Zug zugleich die Vorräte für die Dorfbewohner an Bord hat, die er zwei Mal die Woche dort abliefert. Ich konnte zudem beobachten, dass große Wäschesäcke aus dem Zug ausgeladen wurden. Anscheinend sind die Cook Bewohner für die Reinigung der Handtücher und Bettwäsche zuständig, wodurch sie einen bezahlten Arbeitsplatz haben. Um von diesem Ort wegzukommen, muss man entweder mehrere Tage mit dem Auto durch die karge Landschaft fahren oder man organisiert sich einen Platz im Zug, der aber ebenfalls mehrere Stunden fährt, bis er im nächsten Dorf hält, was nicht wirklich viel größer ist als Cook. Alles einfach nur unvorstellbar!
Nachdem wir die gesamte Nacht und den halben Tag hinter uns gebracht hatten, wurde der Zug an einer Stelle sehr langsam, bis er komplett hielt. Ok, ich konnte ein paar Bäume sehen, aber warum halten wir hier, war mein Gedanke. Dann kam die Ansage durch die Lautsprecher, die uns erklärte, dass wir auf der rechten Seite DEN Wald sehen könnten. Die Anzahl der Bäume dieses Waldes hätte ich in kürzester Zeit zählen können. In meinen Augen war das einfach nur eine Anreihung mehrerer Bäume. Die Stimme des Lautsprechers bestreitete diese Tatsache auch gar nicht, gab aber zu bedenken, dass diese Baumgruppe die größte zusammenhängende Baumreihe im Inland Australiens sei. Vom Zug aus gut sichtbar stand vor den Bäumen ein Schild mit der Aufschrift „Forrest“. Wie gesagt, ohne dieses Schild hätte man den Wald auch leicht als solchen übersehen.
Vom Zug aus hatte ich für den Abend eine Tour zur Goldmine in Kalgoorlie gebucht. In Kalgoorlie und Adelaide macht der Indian Pacific für ungefähr drei Stunden Pause, damit man sich die beiden Städte angucken kann. Bisher kannte ich die „The SuperPit“ Goldmine logischerweise nur aus dem Fernsehen, wo mich die wahnsinnige Größe schon in den Bann gezogen hatte. Die Minenarbeiter, die dort auch in der Nacht arbeiten mit ihren Riesigen Maschinen waren im Vergleich zu der gesamten Mine nur so groß, wie Legomännchen. Ich kann nur empfehlen mal nach dieser Mine bei Googel Earth zu googlen, um einen Eindruck davon zu bekommen. Nach 1,5 Stunden war die Tour zur Mine beendet und wir konnten wieder in den Zug einsteigen. Vor mir lag die zweite Nacht auf meinem Doppelsitz. Was mir noch einfällt: Die Minenarbeiter verdienen pro Woche bis zu umgerechnet 2000€!