Kanada » TraumzieleRodeo in Calgary: Acht Sekunden für ein Jahresgehalt Einer der Helden der Stampede: Dustin Thompson gab für das Cowboyleben einen sicheren Job bei einer Ölfirma auf. (Reissman/dpa/tmn) Von Carla S. Reissman, dpa Calgary (dpa/tmn) - Es geht um acht Sekunden. In dieser Zeit kann Zeb Lanham ein Jahresgehalt verdienen: 100 000 Dollar (64 520 Euro). Oder er kann sich alle Knochen brechen. Sein Glück hängt von «Wranglers Rock Star» ab.
Der Stier besteht scheinbar nur aus gut 500 Kilogramm stampfender und schnaubender Muskelmasse. Auf ihm muss sich Zeb Lanham halten, acht Sekunden lang. Es sind Begegnungen wie diese, die aus der Calgary Stampede in der kanadischen Provinz Alberta Nordamerikas aufregendstes Rodeo machen, diesmal vom 4. bis 13. Juli.
Zeb Lanham hält sich nur mit einer Hand an einem Seil fest, das um den Bauch des Tieres geschlungen ist, als es aus dem Gatter bricht. Nur 4,7 Sekunden dauert der Machtkampf, dann landet der Cowboy im Staub. Enttäuscht springt Lanham auf. Für «Wranglers Rock Star» ist die Show allerdings noch nicht zu Ende: Mit einem heftigen Stoß nimmt er den Cowboy auf die Hörner und schleudert ihn mehrere Meter in die Höhe. Lanham stürzt zum zweiten Mal in den Staub. 20 000 Zuschauer schreien vor Schreck auf, selbst der routinierte Stadionsprecher ringt einen Moment um Fassung. «Oh mein Gott, das war ein Stoß», sagt er, als Lanham sich mit von Schmerz verzerrtem Gesicht aufrappelt.
 Eine der waghalsigsten Veranstaltungen bei der Stampede: Für die Planwagenrennen gibt es in Calgary viele Fans. (Bild: Travel Alberta/dpa/tmn) Zehn Tage lang im Juli lässt Calgary den Wilden Westen wieder aufleben. Seit 1912 die erste Stampede veranstaltet wurde, macht die ganze Stadt mit: Krawatten und Anzüge bleiben im Schrank, stattdessen gehören Cowboystiefel, blitzende Gürtelschnallen und schneeweiße Cowboyhüte zum sommerlichen Outfit. Tausende von Freiwilligen verteilen morgens umsonst frisch gebackene Pfannkuchen mit Speck und Ahornsirup. Und eine bunte Parade mit Pferdewagen und Schwarzfuß-Indianern im vollen Federschmuck verwandelt die Innenstadt mit den gläsernen Wolkenkratzer-Fassaden in eine schräge Filmkulisse.
Jeden Tag sind 15 000 bis 20 000 Zuschauer beim «Bull Riding» dabei. Zu den anderen Wettbewerbskategorien gehört zum Beispiel das Reiten ungesattelter Wildpferde. Auch das Einfangen und Niederringen von jungen Stieren mit dem Lasso, waghalsige Planwagenrennen und Hindernisreiten um ein Bierfass haben zahlreiche Fans.
Für die Cowboys ist es kein Zeitvertreib, sondern ein Profisport, mit dem sie sich ihren Lebensunterhalt verdienen und ihre Gesundheit ruinieren. 1,6 Millionen kanadische Dollar (etwa 1,02 Millionen Euro) werden jeden Tag als Preisgelder vergeben. Wer nicht gewinnt, bekommt keinen Cent und muss Reise und Unterkunft selbst zahlen.
 Bei den Wettbewerben der Calgary Stampede geht es unter anderem darum, sich lange genug im Sattel wilder Pferde zu halten. (Bild: Travel Alberta/dpa/tmn) Aber die Anerkennung von ganz Calgary ist auch denen sicher, die eine gute Show liefern. Am Abend flimmern in der Bar «Ranchman's» keine Footballergebnisse über die Bildschirme, sondern um sich tretende Stiere und Hengste in Zeitlupe. Die Freizeit-Cowboys spülen hier die staubige Luft und die Hitze der Arena mit einem Ale herunter, flirten mit den Cowgirls am Nebentisch und ziehen gutmütig über Lanham und seinen Bullen her: «Unglaublich, wie hoch ein menschlicher Körper fliegen kann», sagt einer. Am Tag darauf steht in der Lokalzeitung «Calgary Herald», es seien sieben Meter gewesen.
«Bull Riding ist der gefährlichsten Sport der Welt», meint Sean Libin vom medizinischen Zentrum, das für die Dauer der Stampede aufgebaut wird. «Keiner von den Jungs ist wirklich gesund. » Blaue Flecken, angeknackste Rippen und überdehnte Bänder sind noch die harmlosesten Körperschäden. Cowgirls treten mit ihren Pferden nur beim Hindernisrennen um ein Bierfass gegeneinander an, wo es mehr um Geschwindigkeit und Geschicklichkeit geht als um die reine Kraft.
Traditionell eine der waghalsigsten Veranstaltungen bei der Calgary Stampede ist das Planwagenrennen. Vier Pferde sind vor jeden Wagen gespannt, vier weitere Pferde mit Reiter, die «Outrider» genannt werden, jagen nebenher. In jedem Rennen gibt es vier Konkurrenten. 32 Pferde sind also immer gleichzeitig auf der Bahn. Den Überblick über die wilde Meute zu behalten, ist schwer. Auch hier gibt es um 100 000 Dollar Preisgeld. Aber der Planwagenlenker ist nur so gut wie seine Pferde. Deshalb behandelt zum Beispiel Darcy Flad seine Vierbeiner wie Top-Athleten: «Sie bekommen Sportgetränke verabreicht, damit die Elektrolyte stimmen, wir haben Pferdemasseure hier und Chiropraktiker», erzählt der 37-jährige Stampede-Teilnehmer.
 Schaulaufen der Cowgirls: Auch eine Parade durch die Stadt gehört fest zum Programm jeder Calgary Stampede. (Bild: Travel Alberta/dpa/tmn) «Jedes Mädchen hat ein weiches Herz für einen Cowboy», sagt Dustin Thompson und blinzelt kokett unter der Hutkrempe hervor. Einst hatte der 25-Jährige einen Job bei einer Ölpipeline, doch das Nomadenleben der Cowboys gefiel ihm viel besser. Mit der bisherigen Ausbeute ist er zufrieden: 15 000 Dollar hat er schon gewonnen. Am Wochenende wird er versuchen, sich acht Sekunden auf dem Wildpferd «Scotch on the Rocks» zu halten - mal sehen, ob noch was geht. Am Ende der zehn Tage wird der junge Kanadier seine Sattel packen und weiterziehen, zum nächsten Rodeo in Texas, Utah, Colorado oder Wyoming. Aber bei der nächsten Stampede in Calgary, da ist er ganz sicher wieder dabei.
Informationen: Kanada-Information, c/o Lange Touristik-Dienst, Eichenheege 1-5, 63477 Maintal; Telefon: 01805/52 62 32 (14 Cent/Minute) Weitere Bilder
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