Kanada » TraumzieleEast Coast Trail - Kanada ohne Absperrseile Der East Coast Trail lockt mit der Schönheit seiner Felsenküste bietet spektakuläre Ausblicke. (Bild: Canadian Tourist Commission/dpa/tmn) Von Ole Helmhausen, dpa St. John's (dpa/tmn) - Kein Mensch ist zu sehen. Es gibt eine unbefestigte Straße, doch nur wenige Touristen scheinen sie zu kennen. Der Leuchtturm von Cape Race, schlank und weiß und oben leuchtend rot, steht am Ende der Welt - im äußersten Südosten von Neufundland.
Bis hierher hat es der East Coast Trail noch nicht geschafft, zumindest nicht offiziell. 1994 begannen neufundländische Wanderfreunde damit, an der Steilküste der Avalon-Halbinsel die alten Pfade von Schmugglern freizulegen und zu einem Wanderweg zusammenzufügen. Ihr Vorbild war der West Coast Trail auf Vancouver Island. Doch während dieser längst ein Opfer seiner Bekanntheit wurde, ist der 220 Kilometer lange East Coast Trail bis heute einsam geblieben.
Verstecken muss er sich keineswegs: Dank der wilden Schönheit seiner Felsenküste ist er noch spektakulärer als sein Gegenstück. Wenn es überhaupt etwas auszusetzen gibt am East Coast Trail, dann sind es die Menschen dort: Die «Newfies» halten den Wanderer nur auf, verwickeln ihn rücksichtslos in Gespräche, bieten ihm Screech genannten Rum an oder erzählen ihm Witze. Das vielleicht Schönste am East Coast Trail: Jeder kann ihn bewältigen. Man kann am Trail auf einfachen Zeltplätzen campieren oder die Nächte in «B&Bs» verbringen und sich morgens zum nächsten Trailhead chauffieren lassen.
 Vor dem Ferryland Lighthouse stehen Jill Curran und Sonia O'Keefe - die Frauen haben den Leuchtturm in ein Bistro verwandelt. (Bild: Helmhausen/dpa/tmn) Wer sich für letztere Variante entscheidet, wird vielleicht von Harold Pennell am Cape Race Lighthouse abgeholt, dem Besitzer der Northwest Lodge in Trepassey. Er fährt seine Gäste am nächsten Tag zum Trailhead in Port Kirwan. Von dort bis nach St. John's sind es immer noch 160 Kilometer. Das ist in zehn Tagen gut zu schaffen.
Die Karte der East Coast Trail Association nennt die ersten 17 Kilometer nach Aquaforte «difficult». Man merkt schnell, warum: Hinter einer Kurve liegt plötzlich die Steilküste vor den Wanderern. Tiefe Spalten zwingen danach immer wieder zu zeitraubenden Umwegen landeinwärts. Der Blick jedoch wirkt wie eine Vitaminspritze und lässt den Muskelkater vergessen.
Den Atlantik zur Rechten geht es über steile, bis zu 300 Meter hohe Vorgebirge, durch kniehohes Blaubeer- und Moltebeergestrüpp. Dann folgen enge Serpentinen hinab in dunkle Senken am Ende der Buchten. So bleibt es die nächsten Tage: Rauf und runter, immer mit der Gewissheit: Der nächste Panoramablick kommt ganz bestimmt. Hin und wieder sind Wale zu sehen, die in den Buchten spielen, und Papageientaucher, die wie Raketen durch die Luft flitzen.
 Wo der Nordatlantik blau schimmert - an der Küste von Neufundland entlang des East Coast Trails weht der Wind fast immer frisch. (Bild: dpa/tmn) Als die ersten Häuser von Aquaforte in Sicht kommen, löst sich der Trail in Luft auf. Also geht es zurück auf der Suche nach Markierungen, über Wurzeln, glitschige Felsen und steile Hänge. Doch der East Coast Trail kann auch anders. Die nächste Etappe nach Ferryland ist so leicht, dass die historische Siedlung bereits am frühen Nachmittag erreicht ist. Der runde Naturhafen wurde schon im 16. Jahrhundert von europäischen Fischern benutzt. Schließlich raubte das Fangverbot für Kabeljau Anfang der 90er Jahre den Fischern die Existenzgrundlage. Seit Kurzem geht es wieder aufwärts - dank der Initiative junger Neufundländer mit guten Geschäftsideen.
Bei Curry Chicken Sandwich mit Obstsalat zu Füßen des Ferryland Lighthouse erzählen Jill Curran und Sonia O'Keefe ihre Geschichte. Die beiden Frauen haben den Leuchtturm restauriert und in ein Bistro verwandelt. Den Blick auf die Brandung und vorbeiziehende Wale gibt es als Zugabe.
Natürlich hatten die Väter des East Coast Trail außer Wanderlust noch einen Hintergedanken. Der Trail sollte den Tourismus auf der wirtschaftlich gebeutelten Avalon-Halbinsel ankurbeln helfen. Droht ihm angesichts des in allen Häfen sichtbaren Aufwärtstrends nun ein ähnliches Schicksal wie dem überstrapazierten West Coast Traill?
Viele Wanderer sind auf dem letzten Abschnitt bis St. John's nicht unterwegs. Den schönsten Teil hat man manchmal sogar für sich ganz allein: Auf den 20 Kilometern zwischen Bay Bulls und The Goulds müssen Wanderer Bäche überqueren, auf nassen Steinen balancieren und schwarze Felsentore umrunden. Und dann stehen sie plötzlich auf einem winzigen Felsbalkon 60 Meter über dem Meer. Davor bewacht eine schlanke Felsenzinne die Steilküste. Rechts ragt ein luftiger Vorsprung über die Kante. Darauf wächst nichts außer einer einzigen Fichte, die sich dort an allem festkrallt, derer ihre Wurzeln habhaft werden können. Kein Lärm stört die Stille, kein von Parkplätzen herüberdringendes Türengeknall.
Informationen: East Coast Trail Association, P. O. Box 8034, St. John's, NL, Canada A1B 3M7; Tourism Newfoundland & Labrador, P. O. Box 8700, St. John's, NL, Canada A1B 4J6; Kanada-Information, c/o Lange Touristik-Dienst, Eichenheege 1-5, 63477 Maintal, Telefon: 01805/52 62 32 (für 14 Cent pro Minute)
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