Polen » ReisetippsMitten in den Masuren: Abstecher zur WolfsschanzeVon Andreas Heimann, dpa Ketrzyn (dpa/tmn) - Viele Masurenurlauber suchen auf der Landkarte nach Ketrzyn, dem ehemaligen Rastenburg. Aber meistens geht es ihnen nicht um die Kleinstadt im Nordosten Polens selbst - sondern ein Überbleibsel der Nazi-Herrschaft.
Denn in der Nachbarschaft des rund zehn Kilometer entfernten Dorfes Gierloz (Görlitz) lag im Zweiten Weltkrieg das «Führerhauptquartier Wolfsschanze». Nirgendwo sonst hat sich Hitler nach Beginn des Krieges so lange aufgehalten: Mehr als drei Jahre, vom Juni 1941 bis November 1944, lebte der Diktator in einem Bunker mit fünf Meter dicken Mauern.
Mehr als 300 000 Besucher kommen jedes Jahr in die abgeschiedene masurische Landschaft, um die Wolfsschanze zu besuchen. Auf dem Parkplatz stehen eine Reihe von Autos und mehrere Reisebusse, einer aus Bödefeld im Sauerland: Auf einer Bank sitzen drei deutsche Rentnerinnen und essen Butterbrot. Ein Schild weist darauf hin, dass das Zubereiten von Speisen auf dem Parkplatz verboten ist. Ein bisschen merkwürdig ist die Vorstellung schon, direkt vor dem «Führerhauptquartier» könnte jemand Würstchen grillen.
Der Rundgang über das Gelände beginnt an dem Gebäude, in dem ein Hotel für SS-Offiziere untergebracht war und in dem heute wieder übernachtet werden kann. Es gibt kurz hinter dem Eingang einen Kiosk, an dem Besucher das typische touristische Sortiment vorfinden: Ferngläser, Reiseführer, Videos oder DVDs zu Hitlers Bunkeranlage, T-Shirts mit der Aufschrift «Wolfsschanze» und sogar Buddelschiffe.
In einem der Gebäude ist eine Ausstellung zu sehen, die zeigt, wie die riesige Anlage im Zweiten Weltkrieg ausgesehen hat, als fast alle Gebäude zum Schutz vor Luftangriffen mit Tarnnetzen abgedeckt waren. Ein Bahnhof gehörte zum «Führerhauptquartier», ein Kasino, ein Teehaus, sogar ein Kino. Die Wolfsschanze war eine streng abgeschirmte Bunkerstadt. Die Umgebung war vermint. «1947 wurde das Gelände gesperrt», erzählt der Reiseführer Piotr Grabowski. «Bis 1955 wurden 54 000 Minen entfernt. Dabei starben 17 Soldaten.» Ein Denkmal erinnert an sie.
Einige der Bunker stehen zum Teil noch, die in der Wolfsschanze für NS-Größen, aber auch für die militärische Spitze wie den Kriegsverbrecher und Chef des Oberkommandos der Wehrmacht Wilhelm Keitel gebaut wurden. «Man hat versucht, sie Anfang 1945 zu sprengen», erzählt Piotr Grabowski. Das ist angesichts der meterdicken Wände nicht immer gelungen. Der Eintritt in die Ruinen ist verboten. Aber das hält viele Besucher nicht ab, trotzdem einen Blick in die Bunker zu werfen. Der von Martin Bormann, Hitlers intrigantem «Privatsekretär», ist sogar mit Graffiti verziert: «Piotr & Ewa 2008» und ein Herzchen sind da auf der Bunkerwand zu sehen.
Besucher schlendern auf sonnendurchfluteten Wegen durch den Buchenwald, ältere Herrschaften genau wie Familien mit kleinen Kindern. Nur die riesigen Betonbrocken, die am Wegrand auftauchen, erinnern daran, dass Hitler und seine willigen Helfer hier den Eroberungskrieg gegen die Sowjetunion geplant und gelenkt haben. Die Wolfsschanze steht aber auch für den Widerstand gegen die Nazis: Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg hat hier am 20. Juli 1944 versucht, Hitler mit einer Bombe zu töten.
Die Szenen sind vielen erst in diesem Jahr wieder durch den Film «Operation Walküre» mit Tom Cruise in Erinnerung gerufen worden: Dort fährt der Wehrmachtsoffizier mit dem Wagen ins «Führerhauptquartier», nimmt an einer Besprechung mit Hitler teil und deponiert eine in seiner Aktentasche versteckte Bombe unter dem Schreibtisch.
Hätte die Besprechung wie geplant in einem der Bunker stattgefunden, wäre Hitler tot gewesen. An der Stelle, an der die Aktentasche stand, ist heute ein Gedenkstein zu sehen: «In Erinnerung an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus» steht dort. Eine Schautafel gibt Erklärungen zu dem Attentatsversuch. Daran erinnert auch ein weiteres Denkmal, das wie ein aufgeschlagenes Buch gestaltet ist - die Inschrift auf der einen Seite in Polnisch, auf der anderen in Deutsch.
Informationen: Polnisches Fremdenverkehrsamt, Kurfürstendamm 71, 10709 Berlin; E-Mail: info@polen-info.de.
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