Kanada » TraumzieleFranzösische Lebensart in Kanada: 400 Jahre Québec-City Nicht zuletzt US-Amerikaner schätzen die «europäische Lebensart» in Québec-City. (Bild: Tourisme Québec/dpa/tmn) Von Georg Alexander, dpa Québec-City (dpa/tmn) - Wenn eine Stadt in Europa 400 Jahre alt wird, dann ist das nichts Besonderes. In Nordamerika gilt eine solche Metropole schon als altehrwürdig, und zum Jubiläum gibt es eine große Party: 2008 ist Québec-City soweit.
Das Zentrum der französischen Lebensart in Kanada blickt zurück auf vier Jahrhunderte einer interessanten Geschichte und feiert selbstbewusst seine Gegenwart. Monsieur Bouchard kommt einem irgendwie bekannt vor: Hoher Hut, dunkler Vollbart, Nickelbrille, dazu dieses verschmitzte Lächeln - die Ähnlichkeit mit der schwedischen Kinderbuchfigur Petterson ist verblüffend. Doch Monsieur Bouchard lebt nicht in Schweden, sondern beackert auf der Ile d'Orléans im St. -Lorenz-Strom einen vier Hektar großen Weinberg. «Das Klima auf unserer Insel ist mild und sonnig. Außerdem wurde in der Stadt schon immer tüchtig Wein getrunken», sagt der Winzer und weist mit der Astschere nach Westen, wo sich die letzten Sonnenstrahlen über die Türme von Québec-City ergießen.
In Québec-City, der Hauptstadt von Kanadas größter Provinz Québec, pflegen die Menschen seit 400 Jahren französische Lebensart. Die Liebe zum Wein und zum guten Essen, zur französischen Sprache und Kultur sind hier ausgeprägter als sonst irgendwo in Kanada. Kaum hat der Besucher zum Beispiel das «Café St. -Malo» in der Rue Saint-Paul betreten, fühlt er sich wie in die Bretagne versetzt. Kellner in langen Schürzen servieren morgens köstliche Croissants und dampfenden Café au lait. Am Abend dagegen werden hier wie in den anderen Lokalen in der Altstadt Dreigänge-Menüs aufgetragen und Weine kredenzt.
 Uniformen als britisches Erbe: In Québec-City kreuzten sich einst die Wege der europäischen Kolonialmächte. (Bild: Mathibe/dpa/tmn) Vor allem Besucher aus den USA geraten in Entzücken - und zwar nicht nur wegen der Kneipen, sondern auch beim Anblick der Altstadt mit ihrer mächtigen Stadtmauer und den romantisch winkeligen Gassen. Es heißt, viele Amerikaner, denen eine Reise nach Europa zu umständlich ist, führen gerne für ein Wochenende nach Québec-City, um die «europäische Lebensart» zu genießen.
Auf der Place Royale am Ufer des St. -Lorenz-Stroms erscheint die Zeit wie in Blei gegossen. Alle Gebäude sind restauriert, die Autos wurden verbannt - das Granitpflaster gehört heute wieder den Fußgängern und Pferdedroschken. Vor 400 Jahren bevölkerten vor allem Tagelöhner, Pelzhändler, Füsiliere und allerlei Rabauken dieses älteste Stadt- und Geschäftsviertel Nordamerikas. Heute ist der Platz fest in der Hand von Jongleuren, Straßenmusikanten, Touristen und Einheimischen, die ihren Feierabendbummel genießen.
Québec besitzt ein ausgeprägtes Kontinentalklima: Die Sommer sind warm und sonnig, oft erreichen die Temperaturen im Juli 30 Grad und mehr. «Dafür ist unser Winter sehr streng und sehr lang. Dann fallen unglaublichen Schneemengen», sagt Elyse Busque von Tourisme Québec. Selbst die außerhalb der Stadt gelegenen Montmorency-Wasserfälle - mit 84 Meter Fallhöhe höher als die Niagara-Fälle - frieren nach und nach zu. Dann bilden sich bizarre Eisformationen, und dort, wo im Sommer die Gischt sprüht, wächst ein großer Pilz aus Eiskristallen.
 Stadt am Fluss: Den Blick über den St. -Lorenz-Strom genießen im Sommer viele Besucher von Québec-City. (Bild: Mathibe/dpa/tmn) Zum 400. Jahrestag der Stadtgründung durch den französischen Entdecker Samuel de Champlain 1608 soll es ein gigantisches Fest geben. «Wir werden fast das ganze Jahr über feiern», sagt Denys Légaré von der Provinzregierung. Als Höhepunkt sind vom 3. bis 6. Juli eine Opernaufführung und ein «Mega-Happening» auf dem historischen Schlachtfeld Plaines d'Abraham geplant. Selbst der Getreidespeicher am Hafen, ein grauer Zweckbau von 600 Metern Länge und 40 Metern Höhe, wird vom 20. Juni bis 29. Juli jeden Abend als gigantische Projektionswand für eine Lichtershow dienen, die der Regisseur Robert Lepage inszeniert. «Eine Lightshow dieser Größenordnung hat die Welt noch nicht gesehen», verspricht Légaré.
Das einstige Schlachtfeld Plaines d'Abraham ist inzwischen Teil einer großen Grünanlage, des Parc de Champs-de-Bataille. Jogger und Spaziergänger hinterlassen einen friedlichen Eindruck. Doch der Ort hat eine blutige Geschichte: 1759 kämpften hier die Heere der Franzosen und Engländer gegeneinander. Die Engländer siegten.
Die Karten für die weitere Entwicklung des Kontinents wurden damit im heutigen Québec-City neu gemischt: «Neufrankreich» hörte auf zu existieren, die Franzosen mussten ihre Besitzungen den Engländern überlassen. Doch den Menschen in Québec wurde sprachliche, kulturelle und religiöse Eigenständigkeit zugebilligt. Damit erhofften sich die Briten das Wohlwollen der Bevölkerung zu sichern. Denn weiter südlich war bereits der amerikanische Unabhängigkeitskrieg ausgebrochen, und kurz darauf belagerten US-Truppen auch die Festungsstadt Québec.
 Zum Karneval mit seiner Symbolfigur Bonhomme zieht es jedes Jahr Zehntausende nach Québec-City. (Bild: Tourisme Québec/dpa/tmn) Heute ist Kanadas Zweisprachigkeit in der Verfassung verankert. Auffällig ist die häufige Vermischung von Englisch und Französisch, die bei Québecern vor allem im Umgang mit Touristen vorkommt. Um mit Besuchern zu kommunizieren, die Französisch nicht beherrschen, raffen sie ihr ganzes Englisch zusammen. Und so murmelt auch Winzer Donald Bouchard bei der Suche nach seiner Lesebrille: «Where is my lunette?»
Informationen: Kanada-Information, c/o Lange Touristik-Dienst, Eichenheege 1-5, 63477 Maintal; Telefon: 01805/52 62 32 (für 14 Cent pro Minute); Tourisme Québec, Telefon von Deutschland: 001/514/873 20 15
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