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Reisebericht: Ting Tong Farang 1 Reisebericht von Ruediger Beez

Ting Tong Farang Reisebericht Thailand von Ruediger Beez

erstellt um 21:10 Uhr am 19.07.2008

Ting Tong Farang – eine ungewöhnliche Reise Die eigentliche Idee zu dieser Reise wurde etwa ein Jahr vor deren Beginn, im Herzen von Bangkoks geboren. Nach einem anstrengenden Tag, erschöpft von der Hitze und dem Smog der Stadt suchte ich Entspannung bei einer Fußmassage. Vielfältig ist das Angebot, aber eine wirklich gute Fußmassage bekommt man nur dort, wo vorrangig die Thailänder oder die in Bangkok lebenden Expatriates zu finden sind. In einen solchen Salon in einer Seitenstrasse der Silom Road hatte es mich hingezogen. Draußen die Hitze, hier drinnen gab es heißen Tee, um die Kälte der bis zum Anschlag aufgedrehten Klimaanlage  ertragen zu können. Neben mir nahm ein Mann, Mitte 50, Platz. Ich hätte eigentlich nicht auf ihn geachtet, wenn da nicht dieses high-tech Mountain Bike gewesen wäre, das er unmittelbar vor der Glastür des Massage Studios abgestellt hatte. Fahrrad fahren, mehr noch Mountain Biking in Bangkok ist ungefähr so ungewöhnlich wie an einem Krater liegend den Untergang der Erde hinter dem staubigen Horizont des Mondes zu beobachten. Wir kamen  ins Gespräch und später, bei einem Glas Bier, nahm  die Idee einer mehrtägigen Trekking Tour durch den Norden Thailands, in das Gebiet des Goldenen Dreiecks, dort wo Thailand, Laos und Myanmar aufeinander treffen, Gestalt an.   Aus der gemeinsamen Tour wurde nichts, aber ich hatte von dem  Mountain Biker allerhand Tipps bekommen und so startete ich im November 2007 allein zu einer Tour, die allerdings anders endete als ursprünglich geplant war.  Ausgangspunkt meiner Reise war die im Norden Thailands gelegene Stadt Chiang Mai.Im Hotel Downtown Inn in Chiang Mai, ganz in der Nähe des täglich stattfindenden turbulenten Nachtmarktes gelegen, fand ich ein schönes ruhiges Zimmer. Auf dem Nachtmark kann alles gekauft werden, was für die Produktpiraterie Wert ist gefälscht zu werden. Meine Planung sah vor, innerhalb von 2 Tagen einen Guide zu finden, der mich zuverlässig auf den Pfaden abseits der Touristenrouten begleiten sollte.  Mit der Wahl des Zeitpunktes meiner Reise nach Thailand hatte ich Glück. Das ganze Land, so auch Chiang Mai waren in Festtagsstimmung. Kaum brach mein erster Abend in der Stadt an, war auch schon der Himmel übersät, nicht mit hunderten, sondern mit tausenden von leuchtenden Ballons. Ballons, hergestellt aus leichtem, aber durchaus festem Reispapier, die getrieben von der Hitze eines kleinen Wachsbrenners über mehrere Kilometer aufstiegen, um dann irgendwann in der unendlichen Weite des Nachthimmels zu verlöschen, um neuen Ballons Platz zu machen. Es war die Zeit des jährlich stattfindenden Loi Krathong Festes, das in Thailand landesweit am Tag des Vollmonds im zwölften Monat des traditionellen thailändischen Mondkalenders gefeiert wird. Stundenlang rollten quer durch Chiang Mai prächtig geschmückte, leuchtend bunte Wagen mit den Schönsten, die das Land an Frauen und Männern und denen, die sich weder für das eine noch das andere Geschlecht entscheiden können, zu bieten hat. Am nächsten Morgen, noch das Krachen des auf den Straßenumzug folgenden und erst im Morgengrauen endenden Feuerwerkes, in den Ohren, begann ich mit der Suche nach einem Guide für meine Dschungel-Tour. Da ich keine Ahnung hatte, wem hier zu vertrauen war, vereinbarte ich mit dem ersten, der sicher mehr als einhundert in Chiang Mai ansässigen Ein- oder Zwei-Mann-Unternehmen, die Trekking Trips oder 4 X 4 Advanture Tours anbieten, eine 1-Tages-Test-Tour. Abgesehen davon, dass der Guide meiner Wahl am Morgen des vereinbarten Tages, weil er Probleme mit seinem alten Volvo hatte, reichlich eine halbe Stunde zu spät kam, verlief alles gut. Sicherheitshalber hatte ich die Adresse seiner Firma und deren Lizenznummer an der Rezeption meines Hotels hinterlassen. Der Mann erwies sich als zuverlässig, sympathisch und sein Volvo hielt, bis auf die Klimaanlage, auch durch. Besonders erwähnenswert war der Besuch einer der Haupttouristenattraktionen im Norden Thailands, ein Dorf der Bergstämme der Lisu und der Padaung. Letztere sind wegen ihres Halsschmuckes besser bekannt als „Long Necks“. Da vergleichsweise einfach mit dem Auto zu erreichen, waren die Bewohner auf eventuelle Besucher vorbereitet. Gegen einige Bath Entgelt kann man  Fotos schießen.    Der Tag verging schnell und auf der Rückfahrt fragte ich meinen Guide dann, ob er einen zuverlässigen Guide kennen würde, der mich auf eine mehrtägige Reise begleiten würde. Der beste, zuverlässigste und meist erfahrene Guide unter allen in Chiang Mai war natürlich er. So trafen wir uns am übernächsten Morgen wieder. Zuvor hatte er es aber nicht versäumt, mir alle möglichen Tipps zur Reisevorbereitung zu geben. Unter anderem hatte er mir als überflüssig ausgeredet, meine Trekking- Luftmatratze mitzunehmen. Für diesen Rat hätte ich ihn später mehrfach verfluchen können.  Am vereinbarten Morgen brachte uns sein alter Volvo sicher nach Norden, vorbei an Chiang Rai,  zu einem kleinen Marktplatz. Außer einigen heißen Quellen, in denen Eier, für hungrige Reisende kochten, war an dem Markt nichts erwähnenswert. Wir aßen etwas, versorgten uns mit Wasser und los ging es zu Fuß weiter nach Norden auf eher unspektakulären Wegen. Es war ziemlich heiß, was mir aber noch mehr zu Sorgen machte, ich hatte, gerade aus dem novembergrau Deutschlands kommend meine Sonnencreme vergessen. Einen Hut hatte ich ebenfalls nicht dabei und so versuchte ich, soweit möglich im Schatten der Bäume zu laufen. Als wir später jedoch Wegen folgten, die zwischen Reisfeldern entlang liefen, brannte die Sonne erbarmungslos auf meinen Kopf. Gerade wollte ich mich über die Hitze beklagen, wies mich mein Guide auf einige Feldarbeiter hin, die mit der Reisernte beschäftigt waren. Da musste ich hin. Ich hatte noch nie aus der Nähe gesehen, wie Reis geerntet wird. Bei ihnen angekommen unterbrachen die Männer und Frauen ihre Feldarbeit, reichten uns etwas Wasser und erklärten bereitwillig alles über die Reisernte. Stolz informierten sie, dass der Preis des Reises in diesem Jahr, aufgrund von Überschwemmungen im Süden Thailands, 15% höher sei als im Vorjahr. Sie schimpften über die Militärregierung, über Korruption und Misswirtschaft und wünschten sich Taksin zurück. Taksin war der letzte zivile Präsident Thailands vor dem Putsch des Militärs. Ich fragte die Feldarbeiter, ob ich das mit der Reisernte auch mal probieren dürfte. Natürlich war das kein Problem und sicher würden sie abends im Dorf erzählen, dass ein Farang auf ihrem Feld gewesen sei und wie ungeschickt er sich bei der Ernte angestellt hatte.  Mein Guide lief vor mir her und erzählte dabei ständig etwas von seiner geschiedenen Frau, seiner Firma und dem Leben in Thailand im Allgemeinen und hier im Norden im Besonderen. Da ich die Geschichten teilweise schon von der ersten Tour kannte, hörte ich nicht mehr zu. Wenn ich es als passend empfand, murmelte ich etwas vor mich hin, um irgendeine Reaktion auf seine Worte zu zeigen. Ich betrachtete ihn etwas eingehender. Beim Anblick seiner im Sitzbereich stark glänzenden Alltagshose, seiner schwarzen Halbschuhe und seines Plastikbeutels, den er in seiner linken Hand schwenkte, begann ich mir Gedanken zu machen, ob ich mich für den Richtigen entschieden hatte.In der hereinbrechenden Abenddämmerung erreichten wir ein Fischerdorf direkt am Ufer des Mekong. Mit einem schmalen Speed-Boot, welches von einem gigantisch überdimensionierten Motor über die Wellen des Mekong getrieben wurde, erreichten wir das gegenüberliegende Laos. Den Abend verbrachten wir in einer Hütte in der Nähe eines relativ großen Marktes, der irgendwie vom Handel mit Lebensmitteln und kunsthandwerklichen Produkten lebt. Letztere stammen mehrheitlich aus dem nicht weit entfernten China. Die Hütte sollte sich im Vergleich zu späteren Unterkünften als Luxus-Etablissement und das Abendessen, welches wir gegen zwei 0,5 l Flaschen Reisschnaps ergatterten, als Gourmet-Menü erweisen.   Bevor es endgültig dunkel wurde, entschied mein Guide, sich einer Gruppe von Laoten anzuschließen, die es in zwei Teams aufgeteilt, mit viel Geschick verstanden, einen korbähnlichen Ball per Kopf, Knie und Fuß über ein Volleyball Netz zu bugsieren. Sein Team sollte jedoch nicht viel Freude an seiner Spielweise haben. Die Tatsache der drohenden Niederlage vor Augen, äußerte mein Guide die Idee, ich könne doch im anderen Team mitspielen. Alle meine Weigerungen halfen nichts. Unter lautem Jubel der Laoten wurde ich, freundlich aber bestimmt, auf das Spielfeld bugsiert. Nun war es mein Team, dem der anfängliche Jubel über den neuen Mitspieler rasch verging. Am nächsten Tag standen wir, aufgeweckt vom Geschrei einiger Hähne sehr zeitig auf. Das Frühstück bestand aus einer gewaltigen Portion Reis und einer Mischung, augenscheinlich verschiedener Fleischsorten in schwarzer Sauce. Das Laotische Essen, von der vielen Fischsoße eher bitter scharf, war nicht so mein Fall.  Einer inneren Eingebung folgend, verstaute ich  übrig gebliebenen Reis in meinem Rucksack. Mein Guide war wieder bekleidet mit Straßenhose, Straßenschuhen und Plastikbeutel, ich hingegen ausgerüstet mit Rucksack mit Hinterlüftung, Trekkinghose mit abnehmbaren Beinen und high-tech Sportschuhen, zogen los, dem Abenteuer entgegen.  Zu meiner Desillusion plapperte mein Guide auch an diesem Morgen ständig und gab Weisheiten wie eine sprudelnde Quelle von sich. Ich versuchte, den Wortschwall an mir vorbeiziehen zu lassen. Irgendwann jedoch wurde es mir zu viel und ich bat ihn, mal den Mund zu halten. Zugegebenermaßen hätte ich meine Bitte etwas freundlicher vortragen können. Aber die nun folgende Redepause gab mir die Gelegenheit, in Ruhe ein wenig die Umgebung zu beobachten. Die Vegetation war der unsrigen in Mitteleuropa ähnlich, aber doch zugleich irgendwie andersartig. Wir folgten etwa vier Stunden einem Pfad der meist durch urwüchsigen Wald führte, bis wir eine etwa 1 km² große Fläche mit niedriger Vegetation erreichten. In der Mitte dieser Lichtung war das Ziel unseres mehrstündigen Fußmarsches aufgetürmt. Bis auf einen einigermaßen gut erhaltenen Wat in der Mitte waren nur Steinhaufen eingestürzter Tempelteile und Fundamente von kleinen Steinhäusern zu sehen, die sporadisch rund um den Tempelbezirk verteilt waren. Trotz des allgemeine Verfalls konnte man aber immer noch einen ungefähren Eindruck erhalten, wie die Tempelanlage vor 100 bis 200 Jahren ausgesehen haben muss, als hier noch Mönche beteten und wahrscheinlich auch Handwerker und Bauern arbeiteten. Ich bat meinen Guide, mir etwas über den Tempel zu erzählen. Unter Hinweis auf das von mir zuvor erteilte Redeverbot gab er sich etwas einsilbig. Er hatte sicher Recht, etwas beleidigt zu sein. Ich fühlte die Zeit gekommen, die Situation zu entspannen. Noch nicht richtig den Punkt hinter den nun folgenden obligaten Satz der Entschuldigung gesetzt, ließ mein Guide erneut, Weisheiten auf mich einplätschern. Über die Tempelanlage konnte ich jedoch nichts aus ihm herausbekommen. Plötzlich erregte das Plätschern einer tatsächlichen Quelle, seine höchste Aufmerksamkeit. Das genaue Objekt seines Aufmerksamkeit und seines erwachenden Jagdinstinkts waren Frösche, die sich in einem der Quelle nachgelagerten Teich tummelten. Nach etwa einer halben Stunde hatten etwa 10 Frösche,  ihre letzte Ruhestätte in seinem Plastikbeutel gefunden. Die  wenigen Reiseutensilien, die er bis dahin in diesem Beutel beherbergte, hatten aus Furcht vor den nassen Reptilien Asyl in meinem Rucksack gesucht und gefunden.  Wir marschierten weiter. Eine Nacht in Laos ohne Visum war genug des Risikos. Wir wollten zurück nach Thailand.  Querfeldein schlugen wir uns durch, zurück zum Mekong.  Einen Weg gab es nicht, nur eine Richtung der wir folgten. Um Schlangen und Skorpione zu vertreiben schlug ich regelmäßig, so hatte ich es in einem Buch eines Überlebenskünstlers gelesen, der wie ich Rüdiger heißt, mit einem Holzstab auf den Boden. Nach einer Weile muss das ständige Klopfen wohl meinem Guide seinerseits auf die Nerven gegangen sein. In seiner, den Thais üblichen Art bat er mich mit freundlichem Lächeln den Unsinn zu lassen. Er meinte hier gäbe es keine Schlangen und wenn, würden sie durch das Klopfen erst auf uns aufmerksam. Ich ersparte mir jeglichen Kommentar und wir marschierten weiter. Am Flussufer angekommen, setzen wir unseren Fußmarsch flussaufwärts in Richtung auf eine von meinem Guide vermutete Speed-Boot Anlegestelle fort. Da die Zeit bereits fortgeschritten war und mein Guide wohl nicht genau wusste, wie weit wir von der nächsten Anlegestelle entfernt waren, drängte er zur Eile. Nach einem dann folgenden, knapp einstündigen Eilmarsch erreichten wir tatsächlich eine Bootsanlegestelle. Etwas erschöpft und auch schon hungrig setzten wir uns auf die grob zusammengefügten Holzplanken und ließen die müden Beine über dem Wasser baumeln. Mein Guide begann über etwas zu erzählen, was auch mich interessierte. Er erklärte mir, wo wir unser Abendessen einnehmen werden und was er Leckeres zubereiten würde.   Mitten in seine Erzählungen von Reis und Suppe hinein, fragte ich ihn, warum sonst überall, aber ausgerechnet an dieser Anlegestelle keine Schwimmwesten hängen würden?Peng: Alle Träume vom nahen Abendessen wurden durch meine desillusionierende Frage zerstört. In Anbetracht der Geschwindigkeit, welche die Boote erreichen können und der zahlreichen Speed-Boot Wracks, die ich in Ufernähe gesehen hatte, war das Tragen von Schwimmwesten ein Muss. An jeder Anlegestelle waren sie deshalb auch verfügbar.  Es stand fest, an dieser Anlegestelle legt kein Speed-Boot an.Wir diskutierten, was nun zu tun sei. Den gleichen Weg zurücklaufen war in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit keine Option, stromabwärts gab es, so mein Guide, kein Dorf. Daher  entschieden wir uns, weiter stromaufwärts zu laufen, um nach einer Übernachtung zu suchen. Nach etwa 20 Minuten Fußmarsch, mein Guide schwieg die ganze Zeit, erreichten wir einen Fischer der gerade seine Angel einpackte. Für zwei Flaschen Reisschnaps und ein paar Bath erklärte sich der Fischer bereit, uns hinüber  nach Thailand bringen. Waren die erwähnten Speed-Boote in Ihrer Performance eindeutig überdimensioniert, war das Boot unseres Fischers für die Überquerung des Mekongs mit all seine Strömungen schwach ausgelegt. Nur mit energischem Gegensteuern konnte unser Fischer das Abtreiben des Bootes nach Myanmar verhindern. Fast schon Thailand erreicht, versagte der in den höchsten Drehzahlen operierende Motor seinen Dienst unvermittelt. Das Boot trieb sofort auf eine Sandbank zu, die wahrscheinlich bereits zu Myanmar gehörte. Sowohl der Fischer als auch mein Guide fanden den Gedanken, in Myanmar, mit all den Geschichten über Militärwillkür und verhaftete Mönche anzulanden, nicht besonders lustig und zogen immer hektischer werdend am Startseil des kleinen Bootsmotors. Irgendwo erreichten wir aber dann doch noch Thailand und schließlich auch ein Fischerdorf.  Das vermeintliche Dorf erwies sich jedoch als eine Ansammlung von Hütten, welche die Fischer bei Tag nutzten, um sich gegen mögliche Wetterunbilden zu schützen. Die meisten der Schutzhütten waren für heute bereits verlassen. Mein Guide verhandelte mit einigen der zurückgeblieben Fischer. Er verstand wohl ihren Dialekt nicht und so zogen sich die Verhandlungen in die Länge. Ich hatte Hunger. Während mein Guide, noch über unsere Übernachtung diskutierte, ging ich auf eine am Boden hockende Frau zu, die gerade dabei war, ihr Kochgeschirr aufzuräumen. Mit ein paar Gesten machte ich Ihr klar, dass wir, mein Guide und ich, einen langen Weg hinter uns hatten und hungrig waren. Mit grauenhaftem Akzent aber verständlich fragte Sie:“Hungryyy?“ Oh, wie ich innerlich jubelte, hier weitab von elektrischem Licht und Gas sprach jemand Englisch und verstand unser Anliegen. Beides jedoch, der Englisch-Sprachschatz, wie auch die Lebensmittelreserven waren sehr beschränkt. Ich bekam ein paar gedünstete Fische, etwas Grünzeug und ein wenig Reis. Obwohl nicht einmal für einen von uns ausreichend, bedankte ich mich herzlich. Mein Guide kam zurück und teilte mir gewichtig mit, was mir schon klar geworden war, dass wir hier die Nacht verbringen müssen. Ursprünglich wollte er einen der Fischer überzeugen, uns flussabwärts zu einer Siedlung zu bringen, die er kannte. Zwischenzeitlich fast dunkel geworden, wollten die Fischer nach Hause und winkten ab. Mein Guide, sichtlich erleichtert, dass ich die Nachricht so gelassen aufnahm, machte sich daran, unser Abendessen vorzubereiten. Die verfügbaren Zutaten waren überschaubar: Vier kleine Fische, 10 Frösche, ein paar Zweige Grünzeug und ein Klumpen Reis, den ich noch vom Frühstück in Laos übrig behalten hatte. Mit einigen, von den Fischern zurückgelassenen Utensilien kochten wir auf einem Holzkohlefeuer unser Dinner. Mein Bedarf an Froschfleisch war nach dem Genuss des ersten Frosches gedeckt und ich hielt mich an die paar Fische. Da von dem Wenigen was wir hatten, auch noch etwas zum Frühstück übrig bleiben musste, bereiteten wir uns noch hungrig auf die Nacht vor. Zwischenzeitlich war es vollständig Nacht geworden. Vom Fluss war nur noch das Gurgeln und Rauschen des Wassers zu vernehmen, das alle anderen Laute in sich aufnahm. Im Schein einer kleinen 3,50-Euro-LED-Taschenlampe, die mir während meiner Reise noch mehrfach gute Dienste erweisen sollte, suchten wir uns eine der Pfahlhütten, die am weitesten vom Wasser entlegen war. Ich wickelte mich in meinen Schlafsack, den ich zuvor auf dem Holzboden ausgerollt hatte, fluchte noch innerlich auf meinen Guide, dass er mir meine Luftmatratze ausgeredet hatte und wälzte mich im Halbschlaf am Boden hin und her. Mein Guide seinerseits wickelte sich in seine graue filzartige  Decke, die ich den ganzen Tag in meinem Rucksack herumgeschleppt hatte und schlief wie in Buddhas Schoß, wie er mir am nächsten Tag mitteilte.  Nach einigen Kilometern Wegstrecke meist über faust- bis kinderkopfgroße Steine im Wechsel mit lehmigen und sandigen Abschnitten, die morgendlichen Kopf- und Rückenschmerzen waren vergessen, erreichten wir am nächsten Morgen, wie von meinen Guide vorhergesagt, einem Metallturm. Da mein Guide wieder wie ein Wasserfall redete, war ich überzeugt, dass er sich tatsächlich auskennen würde. Er sagte sogar voraus, dass von dem Metallturm aus ein Pfad in das Landesinnere führen würde. Ich war zufrieden, den Turm gab es und den Pfad auch. Wir folgten ihm landeinwärts. Anfangs ging es noch durch flaches Land, durchsetzt mit Büschen und vereinzelten Baumgruppen. Nach einigen Stunden erreichten wir hügeliges Gelände und bald darauf verdichteten sich die Baumgruppen zu einem undurchdringbaren Wald. Vor uns lag eine dicht bewachsene Waldregion mit vereinzelten, 300 bis 400 m hohen Bergen, die bis hinauf zum Gipfel fast vollständig mit blühenden Büschen und Bäumen bedeckt waren. Dazwischen schlängelte sich, kaum noch erkennbar, unser Pfad.Ich bewunderte ein wenig meinen Guide, wie er mit seinen Halbschuhen hier zurechtkam. Bei aller Bewunderung war es mir aber nicht entgangen, dass er seit einiger Zeit sehr schweigsam geworden war. Wir passierten zahlreiche Tümpel, die mit fleischigem Blattwerk überwuchert waren, aus denen pfeilgleich vereinzelt weiße Blüten hervorstachen. Zahlreiche Bäume sahen wir, die von lianenartigen Gewächsen überwuchert waren und Büsche, die unter der Last ihrer Blüten schier zu ersticken drohten. Entsprach die Vegetation durchaus meinen  Erwartungen so nahm sich die Bilanz der Tiere, denen wir begegneten eher bescheiden aus: 2 Schlangen, 1 Skorpion schwarz, ca. 10 in Ihren Netzen auf Beute wartende, relativ große Spinnen, einige schillernd bunt und überaus gefährlich, wenn ich den wenigen Worten meines Guide glauben durfte. Die einzige animalische Überraschung war die Begegnung mit einer Herde, kleinwüchsiger, wohl eher harmloser und freundlicher, also ganz dem Lebensprinzip und der durchschnittlichen Größe der Thais entsprechender Wildschweine.  Nach einiger Zeit erreichten wir eine kleine Ansiedlung, bestehend aus 5 oder 6 zu ebener Erde gebauten, ärmlichen Häusern. Die Häuser lagen verstreut in einer Ebene und waren umgeben von kleinen Feldern, auf denen die unterschiedlichsten Pflanzen wuchsen. Es hatte den Anschein, dass die Nutzpflanzen ausschließlich mit eigener Kraft gegen das Unkraut ums Überleben kämpfen mussten. Unser eigentliches Tagesziel war jedoch nicht dieses Dorf, sondern eine Ansiedlung der weiter im Landesinneren wohnenden Karen. Die Karen, mehrheitlich in Myanmar beheimatet, bilden heutzutage eine der großen ethnischen Minderheiten in Thailand. Durch die Unruhen in Myanmar siedelten immer mehr von Ihnen nach Thailand um.  Durch die Ereignisse des Vortages waren wir in Zeitverzug gekommen. Die Gespräche mit den Dorfbewohnern ergaben, dass das nächste Karen-Dorf etwa 25 bis 30 km entfernt war. Das war bis zum Einbruch der Nacht nicht mehr zu Fuß zu schaffen. Wir    überredeten einen der Dorfbewohner, uns mit seinem Allrad-Truck, der sehr gut in eine Brücke-am-Kwai-Verfilmung aus den 60iger Jahren gepasst hätte, zu fahren.Klappernd und scheppernd brachte uns der Truck über ausgewaschene, unbefestigte Straßen zu einem der Karen-Dörfer. Ob es tatsächlich das Dorf war, was mein Guide im Sinn hatte, war nicht sicher und mir letztendlich auch egal. Ich war froh, irgendwo angekommen zu sein. Noch bevor wir das Dorf erreichten, begrüßte uns eine Gruppe von Kindern ganz unterschiedlichen Alters. Schnell hatte sich im Dorf herumgesprochen, dass auf dem Truck eine Langnase, ein Farang, mitgekommen war. Für derartige Begegnungen hatte ich mir noch in Deutschland eine Großpackung Gummibären, verpackt in kleinen Tüten gekauft. Das kam bei den Kindern gut an. Der Rest des Tages im Dorf verlief eher ruhig. Schnell hatten sich die Dorfbewohner an meine Gegenwart gewöhnt und gingen ihren Beschäftigungen oder dem Nichtstun nach. Einige Frauen waren mit Kochen und lautstarkem Tratschen beschäftigt. Immer wieder hörte ich das Wort „Farang“, gefolgt von Kichern und Lachen. Ich schaute mich im Dorf um. Die Hütten waren auf einer Grundfläche von ca. 4 x 7 m aus groben Brettern  zusammengeschustert und mit getrocknetem Gras oder Schilf gedeckt. Innen bestanden sie aus einem Hauptraum mit transportabler Feuerstelle und Schlafplatz. Abgetrennt waren einige Nischen, die voll gestopft mit allerlei Kram irgendwie an den Inhalt einer Frauenhandtasche erinnerten. Der Boden bestand aus gestampftem Lehm. Der etwa 2 x 2 m große und ca. 50 cm hohe Schlafplatz war nichts anderes als ein Holzgestell, das ebenfalls mit Brettern bedeckt war. Froh, nicht auf dem Lehmboden schlafen zu müssen, rollte ich, gleichsam meinen Claim für die Nacht absteckend, meinen Schlafsack aus. Die Hütte gehörte einer Karen-Frau unbestimmten Alters. Als ich später meinen Guide fragte, ob er mit der Frau bezüglich meiner Übernachtung in Ihrer Hütte um Erlaubnis gefragt hatte, verneinte er. Er hatte sich auch über mich gewundert, dass ich einfach so meinen Schlafsack ausgerollt hatte, aber nichts gesagt. Als ich gerade dabei war, mich mit der Frau über die Verwendung einiger Haushaltsgeräte zu verständigen, hörte ich die vertraute Stimme meines Guides. Im ganzen Dorf gäbe es kein geeignetes Trinkwasser. Auch müssen Reis und Gemüse gekauft werden. Ich freute mich darauf, die nächsten ein oder zwei Stunden ohne ihn zu verbringen und ließ ihn allein zum, wie er sagte, 10 km entfernten nächst größeren Dorf mit Einkaufsmöglichkeit fahren. Mein Guide hatte den Fahrer, der uns hierher gebracht hatte, überredet ihn noch zum nächsten Markt zu fahren.Die Stunden vergingen, es war bereits dunkel geworden, und das Licht des Mondes tauchte das Dorf in schimmerndes Silbergrau, welches in diffusen Linien von tiefem Schwarz nur dort unterbrochen war, wo das Mondlicht nicht hingelangte. Eine leichte Windbrise bewegte gemächlich die Blätter der Bäume. Alles, auch die Konturen der Dächer bewegten sich im ruhigen Takt des Windes. Keiner der Dorfbewohner war mehr vor den Hütten zu sehen. Die Luft war erfüllt mit den für mich ungewöhnlichen Lauten einer Nacht hier im Dschungel Nordthailands.  Die Impression des Augenblickes trieb mir ein leichtes Frösteln über den Rücken. Vielleicht war das Frösteln aber auch verursacht durch die Tatsache, dass mein Guide längst überfällig war.Ausgerüstet mit meiner kleinen LED-Taschenlampe, ging ich noch einmal durchs Dorf, um eine Stelle mit Funkkontakt für mein Mobiltelefon zu finden. Kontakt zu einem Netz gab es nicht und damit war die Hoffnung auf Kontakt zu meinem endgültig verschollen geglaubten Guide dahin. Ich hatte Hunger. Keiner der Dorfbewohner ließ sich blicken. Zurückgekehrt zur Hütte, die ich zu meinen Schlafplatz auserkoren hatte, empfing mich die bereits erwähnte Karen-Frau in der Ecke hockend. Sie lachte breit als ich eintrat. Der Schein eines Holzkohlefeuers verstärkte den, vom ständigen Betelnuss kauen katastrophalen Zustand ihrer abwechselnd roten und schwarzen Zahnstummel. Zu essen hatte sie, abgesehen von einem Topf voll Betelnüssen, nichts. Die Nüsse schob sie, ständig kauend, immer wieder nach in den ohnehin schon hoffnungslos überfüllten und ausgebeulten Mund. Von Zeit zu Zeit spuckte sie den Betelnussbrei zischend in einen vor ihr stehenden Topf. Ich legte mich hungrig und seit nunmehr zwei Tagen ungewaschen auf meinen Schlafsack und starrte an die Hüttendecke. Gerade dabei Szenarien zu entwerfen, wie ich ohne meinen Guide von hier wieder wegkommen könnte, schoss mir der Erinnerung an meine letzte 0,5 l Flasche Reisschnaps durch den Kopf. Ich sprang auf, durchwühlte auf der Suche nach der Flasche meinen Rucksack. Mit der Schnapsflasche in der einen und der LED-Lampe in der andern Hand ging ich schnurstracks auf eine Hütte zu, aus der ich bei meinem letzten Rundgang Stimmen gehört hatte. Im Gegenzug zum Schnaps erhielt ich hier einen verbogenen Aluminiumlöffel gereicht und durfte aus den, am Boden stehenden zwei Gemeinschaftsschüsseln mit essen. In Anbetracht der zum trockenen aufgehängten rattengroßen Tierkörper, die ich hier, wie auch in anderen Hütten sah, wollte ich über den Inhalt der einen Schüssel mit Brühe und Fleisch nicht nachdenken. Ich ließ mir die heiße und scharfe Suppe zusammen mit dem Reis schmecken. Nach dem Essen brachte ich meine Wunderwaffe für die Abendgestaltung zum Einsatz. Ich hatte den Jahreskalender einer Thüringer Agrargenossenschaft, mit Bildern von der Viehhaltung in Thüringen sowie einige Fotos, die Impressionen aus dem Thüringer Dorfleben zeigten, mit nach Thailand genommen. Die Dorfbewohner waren beim Anblick der Bilder wie ausgewechselt. Das interessierte sie wirklich. Bald war das ganze Dorf versammelt und die Bilder gingen unter lautstarken Kommentaren von Hand zu Hand. Besonders beeindruckt zeigten sich die Karen beim Anblick von Schneelandschaften. Ich musste mit Händen und Füßen erklären, wie die Sache mit dem Schnee funktionierte.  Mir war nicht klar, ob sie verstanden, was ich meinte. Als ich ihnen zu verdeutlichen versuchte, wie es aussieht, wenn tausende von Schneeflocken vom Himmel fallen und die Erde bedeckten, schauten sie mich an, als wäre ihnen ein neuer Messias erschienen.Ich schlief in dieser Nacht sehr schlecht ein. Noch lange hörte ich die Karen schwatzen und lachen. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war das Erste, was ich hörte, die Stimme meines Guides. Ich war so glücklich, die vertraute Stimme der alten Plappertasche zu vernehmen. Er erzählte mir ausführlich, wie der Truck, mit dem er am Vorabend aufgebrochen war,  unsanft irgendwo aufsetzte, etwas kaputt ging und wie er und der Fahrer sich die halbe Nacht im benachbarten Dorf mit der Reparatur des Fahrzeuges um die Ohren schlugen. Er hatte in der vergangnen Nacht noch weniger geschlafen als ich.   Das Frühstück war fertig. Mein Guide servierte leckere Hühnersuppe mit gebratenem Reis und Gemüse sowie heißen Tee. Nach dem köstlichen Frühstück machten wir uns wieder auf den Weg. Anfänglich durch Wald ereichten wir bald Feldwege, die vorbei an Zuckerrohrplantagen und Reisfeldern führten. Mehrfach nahmen uns Thais mit ihren Fahrzeugen mit. Am frühen Nachmittag erreichten wir wieder den Marktplatz, in dem mein Guide seinen Volvo abgestellt hatte. Wir hatten uns verständigt, im Phu Rua Nationalpark in der Nähe der Laotischen Grenze zu übernachten. Den Nationalpark erreichten wir am Abend, gerade noch rechtzeitig, um uns Moskitonetze und zwei Zelte zum Übernachten zu mieten. Die vergangenen Tage hatte ich ohne Moskitonetz geschlafen und war überrascht, kaum von Moskitos gestochen worden zu sein. Am Morgen des nächsten Tages folgten wir nach dem Frühstück, das wir gemeinsam mit den Parkwächtern einnahmen, einem Pfad der uns zum höchsten Punkt des Parkes, den Phu Rua Felsen führte. Die Regenzeit war gerade vorüber und die Vegetation entlang des Pfades zeigte sich von ihrer üppigsten Seite. Lianen, die sich um moosbewachsene Baume schlängelten, Blüten, schrille Vogelstimmen, Insektenzirpen, einige Wasserfälle und Wasserläufe machten den nicht übermäßig anstrengenden Weg zu einem Erlebnis. Nachdem wir die einmalige Sicht vom Phu Rua Felsen hinab in die mit Urwald überwucherte Ebene genossenen hatten, machten wir uns auf den Rückweg und trafen ein Ehepaar aus Sachsen.Nach kurzem Deutsch – Deutschem Austausch fuhren wir zurück nach Chiang Mai, wo wir am frühen Morgen des Folgetages ankamen. Beide, mein Guide und ich, waren traurig. Ich glaubte ihm sogar, dass die Tour auch für ihn einmalig in ihrer Art war. Leider konnte ich ihn nicht länger buchen, da er am nächsten Tag eine  japanische Reisegruppe zu betreuen hatte. Mich zwischenzeitlich gut genug kennend, schlug mir mein Guide jedoch vor, die restliche Zeit meines Urlaubes bei seinen Verwandten in der Nähe der kambodschanischen Grenze zu verbringen. Ein Anruf bei seinem Bruder oder Schwager, ich erinnere mich nicht mehr genau an das wirkliche Verwandtschaftsverhältnis, genügte und ich wurde in Sankah in der Provinz Surin, erwartet.  Mit dem Flugzeug flog ich zurück nach Bangkok, nahm ein Taxi zur Nord-West Busstation und erreichte nach 7 Stunden Busfahrt, unterbrochen von einer kurzen Lunchpause, Sankah.  Pog Kwaengnam, der Verwandte der, so mein Guide aus Chiang Mai, angeblich so gut Englisch sprach, fuhr mich zu seinem etwa 45 Fahrminuten entfernt liegenden Heimatdorf. Während der Fahrt erschöpften sich seine ca. 100 Worte Englisch rasch. Im Haus der Kwaengnams angekommen begrüßte mich seine Gattin Lek mit einem recht guten Englisch. Lek ist Lehrerin für Thai, Thai Geschichte und Englisch. Herr Kwaengnam arbeitet in der Außenstelle einer Zuckerfabrik.Die beiden, Pog und Lek, bewohnen eines der besseren Häuser im Dorf und hatten für mich die oberste Etage frei gemacht. Viel frei zu machen gab es allerdings nicht. Das Haus hatte praktisch keine Möbel. Überall lag etwas herum, auch Sachen, der ebenfalls im Hause lebenden Mutter von Lek.  Für meine Sachen war eine größere Fläche auf dem Holzdielenboden frei geräumt worden und bald hatten sich meine Sachen mit den ihren innig vermischt. Das Haus selbst, sah von außen durchaus ansprechend aus, war von innen jedoch in einem für unsere Begriffe ungepflegten, teilweise schmutzigen Zustand. In Anbetracht meiner Erlebnisse der letzten Tage war für mich nur wichtig, dass ich ein ordentliches Bett hatte. Der Strom, so erzählten mir die Kwaengnams würde regelmäßig ausfallen, für einen Notstromgenerator wäre allerdings ebenso wenig Geld da, wie für einen Reservetank für den Fall der häufig auftretenden Wasserausfälle. Gleich am ersten Abend, erwischte mich eines jener häufig auftretenden Missgeschicke. Ich stand mit Shampoo bedeckt unter der Dusche und es kam kein Tropfen Wasser mehr. Auf Anfrage bei den Kwangnams, was zu tun sei, bedeutete mir Lek, über den Hof, vorbei an den Hühnern zu einem Wasserkessel zu gehen, um mich dort abzuspülen. Da ich mich, dort angekommen, unbeobachtet fühlte, entledigte ich mich des um meine Hüfte gebundenen Handtuches. Sofort lernte ich meine erste Lektion: Lek sah alles und ein nackter Farang auf  ihrem Hühnerhof - das ging zu weit. Das rüttelte an den Grundfesten der dörflichen Ordnung. Unter lautstarkem Hinweis, dass ich in Thailand und nicht in Deutschland sei, bedeckte ich meine Blöße schleunigst wieder. Die zweite Lektion über Befindlichkeiten der Thais sollte ich unmittelbar danach erfahren. Nach weiterer Körperpflege, Zähneputzen und Rasur lief das Wasser aus dem von mir verwendeten Waschbecken nicht ab. Der Siphon war verstopft. Nun sah ich meine Stunde gekommen, mich für mein öffentliches Nacktduschen zu entschuldigen. Tatendurstig fragte ich nach Werkzeug, erntete aber nur fragende Blicke. Erst einmal ein Ziel vor Augen, ließ ich mich als zielstrebiger Deutscher durch nichts aufhalten. Der Siphon musste gesäubert werden. Ich fühlte mich einer Art heiliger Mission verpflichtet. Noch immer nur spärlich mit einem Handtuch bekleidet, rüttelte ich mit der nackten Gewalt meiner bloßen Hände am Gegenstand meiner Ordnungsbegierde und später unter Zuhilfenahme meines Schweizer Taschenmessers löste ich den Siphon dann tatsächlich. Der sofort aufkommende Gestank vertrieb alle Gedanken an meine ursprünglich missionarischen  Ziele umgehend, Ordnung im Badezimmer zu schaffen.Kaum war der Siphon wieder befestigt und das Wasser lief ab, wollte ich mir mein Lob bei den Kwaengnams abholen.Zwei Dinge hatte ich allerdings zur Kenntnis zu nehmen:Erstens, Pog war blamiert, weil er das Übel seit Monaten nicht beseitigt hatte und zog sich beleidigt zurück. Zweitens, Lek nahm mich bei der Hand und zeigte mir die anderen Übel, die im Haus zur Reparatur anstanden. Nach Art der Thais verwies ich nun meinerseits auf den nächsten Tag und die Sache verlief, bis auf eine Ausnahme, nämlich den Wasserablauf in der Küche, im Sand.  Jetzt hatte ich Hunger. Ich erinnerte mich daran, dass mir Pog kurz nach meiner Ankunft gesagt hatte, mich ganz wie zu Hause zu fühlen. Ich nahm ihn beim Wort schaute in den Kühlschrank auf der Suche nach Essbarem. Der Kühlschrank war allerdings leer und so dreckig, dass er, wie auch die anderen Küchenschränke für die Lagerung von Lebensmitteln ungeeignet erschien.  Ich lud die Kwangnams kurzerhand zum Essen ein. Leks Bruder hatte im Nachbardorf eine, wie sich herausstellen sollte, kleine aber durchaus feine Ferienhaussiedlung mit einem Restaurant und ein paar Karaoke-Zimmern innerhalb der letzten zwei Jahre aus dem Boden gestampft. Pog konnte Leks Bruder, wahrscheinlich wegen seines Fleißes und Erfolges, nicht ausstehen und so fuhren Lek und ich allein zum Bruder. Dort bekamen wir eines der besten Dinner serviert, die ich jemals in Thailand genießen durfte. Green Curry mit Huhn, Papaya Salat, gegrillten Red Snapper mit Knoblauchfülle, Fischsuppe mit Knoblauch und Gemüse, Schweinefleisch süß-sauer mit gebraten Reisnudeln, dazu gekochten Thai Reis. Das alles zauberte Leks Bruder innerhalb einer Stunde. Gemeinsam mit seinem Lebenspartner verlebten wir vier einen göttlichen kulinarischen Abend, abgerundet mit Unmengen von Chang Bier. Leks Bruder lud mich für einen der nächsten Abende ein, in einem seiner Bungalows zu übernachten.  Spät in der Nacht, wir alle hatten gut gegessen und reichlich dem Chang Bier zugesprochen, reichte mir Lek unter Hinweis auf die Tatsache, dass sie betrunken sei, die Autoschlüssel ihres Nissan Pick up. Ich musste an das für mich ungewohnt große Auto, den Linksfahrverkehr in Thailand und an die nunmehr dunklen Feldwege und von Schlaglöchern übersäten Asphaltstrassen denken. Aber als Mann ist man final in der Verantwortung. Wir fuhren los. Das letzte was ich am Steuer sitzend von Lek hörte, war der tröstliche Hinweis, sie würde mir sagen, wann ich wo abbiegen sollte. Völlig mit der ungewohnten Situation beschäftigt, bemerkte zunächst nicht, dass Lek eingeschlafen war und fuhr an allen Abbiegestellen vorbei. Als ich einen fragenden Blick hinüber zu meiner Mitfahrerin warf, krachte der Nissan in ein Schlagloch. Lek schoss hoch, das Fahrzeuglicht erlosch und wir standen da in der totalen Dunkelheit der Nacht. In ihre nunmehr einsetzenden Schimpfkanonaden in Thai mischte sich immer wieder das Wort Farang. Ich verbat mir allerdings jegliche Kritik, was Lek auch rasch akzeptierte. Nun kam zum wiederholten Mal meine kleine 3,50-€-LED- Taschenlampe zu rettendem Einsatz. Im Schein der kleinen LED- Lämpchen fuhren wir im Schritttempo los und kamen dann am Morgen nach Hause. Pog hatte reichlich dem Thai Whisky zugesprochen und schlief fest, wie unschwer zu hören war. So ging jeder ohne weitere Erklärungen zu seiner Schlafstatt. Ich schlief friedlich in dem Bettzeug ein, das die Kwaengnams noch am Vortag selbst benutzt hatten.Nachdem ich am nächsten Morgen das Frühstück zubereitet hatte, teilte mir Lek mit, dass ich ein guter und geschickter Farang wäre und dass ich daher das Auto für die nächsten Tage haben könne. Da sie im Moment arbeitslos sei, hätte sie Zeit, mich zu begleiten, wenn ich möchte. Klar war, dass ich ohne sie hilflos gewesen wäre. Ich fand die kleine, laute etwas korpulente, selbstbewusste Frau von Anfang an sympathisch und so willigte ich ein.Lek drückte mir, als Bestätigung der gerade geschlossenen Vereinbarung  den Schlüssel ihres Nissans in die Hand. Doch zunächst war der Tank leer. Dieses Problem war für ca. 1000 Bath oder 20 € gelöst. Eine andere Sache machte mir da mehr Sorgen - die Reifen. Nicht nur die Profile waren abgefahren, sogar das Trägergewebe war stellenweise freigelegt. Kurz entschlossen ließ ich einen Satz neuer Reifen montieren. So viel wusste ich schon von Lek, ein Dankeschön hatte ich dafür nicht zu erwarten. Allerdings war sie in den nächsten Tagen mein Tour Operator. Am kommenden Abend sollte ich bei der Familie ihrer Tante, die Lek schon seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatte, übernachten. Zuvor stand der Besuch eines Wasserfalles an, ein Platz weit abseits regulärer Strassen. Lek hatte verstanden, was ich wollte: weit weg von anderen Farangs, dorthin wo die Thais noch ursprünglich waren. Das war in dieser Region kein Problem, andere Farangs sah ich kaum. Nach zweistündiger Fahrt, dank der neuen Reifen glitt der Nissan nunmehr ruhig und souverän über die Straßen, bat mich Lek anzuhalten. Wir stellten das Fahrzeug bei einem Händler auf einem kleinen Marktplatz ab, aßen etwas und machten uns zu Fuß auf den Weg zum Wasserfall. Nach einem etwa zweistündigen Marsch trafen wir ganz in der Nähe unseres Zieles einige Landarbeiter auf einer Waldlichtung. Mit langen Holzbalken, die an der Spitze mit gespreizten Metallhaken versehen waren, ernteten sie irgendwelche Wurzeln. Lek kam meinem Wunsch nach und organisierte für mich einen Arbeitseinsatz in der Hitze der früh nachmittäglichen Sonne Thailands. Die Thais waren ganz aus dem Häuschen, einen Farang auf ihrem Feld zu haben. Einen Farang, der tatsächlich arbeitete und ihnen bei der Wurzelernte half. Wenn ich das richtig verstanden habe, wurden die Wurzeln verwendet, um daraus braunen Zucker zu gewinnen.  Nach einiger Zeit wurde mein Arbeitseinsatz durch das Auftauchen eines kleinen, schmächtigen Thai unterbrochen. Der Mann kam mit Tränen in den Augen auf mich zu und begann, mir immer und immer wieder die Hände zu schüttelten. Nach Händeschütteln und Gruppenfoto lud mich der Thai, der, wie mir Lek sagte, eine Art Einsiedler-Mönch sei, in seine Hütte ein.  Seine Hütte war im Prinzip nichts anderes als eine Betonplatte mit einem Wellblechdach darüber. In der Hütte angekommen setzte sich der Mönch vor seinen Hausaltar, der mit allerhand Buddhas, Kerzen und künstlichen Blumen bestückt war. Sofort fing er an, in einer Sprache, die auch Lek nicht verstand, lautstark Gebete zunächst in Richtung zum Altar zu schreien. Später, sein Gesicht war mit Tränen überströmt und seine Gesichtszüge ließen vermuten, dass er bereits mit Buddha Kontakt aufgenommen hatte, wandte er sich uns zu. Immer mehr in Ekstase geratend, schrie er uns, einen seltsam intonierten, auf und abschwellenden Sprachgesang entgegen. Nach etwa zwanzig bis dreißig Minuten, die Arbeiter von der nahe gelegenen Plantage hatten sich zwischenzeitlich zu uns gesellt, kehrte der Mönch aus seinem mentalen Ausflug in das Nirvana zurück. Nach einer Pause wendete sich sein, nunmehr ruhig gewordenes, Gesicht ausschließlich mir zu. Mit leiser Stimme, es schien er war um Vertraulichkeit bemüht, teilte er mir Dinge mit, die er über mich und Lek bei seiner Reise zu den Göttern in Erfahrung gebracht hatte. Er hatte herausgefunden, dass ich nicht das erste Mal in Thailand wäre, dass ich Lek ich erst vor kurzem kennen gelernt hätte und wir uns gut verstehen würden. Allerdings, so offenbarte uns der Mönch, wären Lek und ich nicht füreinander bestimmt. Scheinbar für würdig empfunden, bat mich der Mönch, zum Altar zu kommen und vor ihm am Boden Platz zu nehmen. Er stellte sich hinter mich und legte seine linke Hand auf meinen Kopf. Unmittelbar darauf setzte wieder der mir bereits vertraute ekstatische Gebets-Sing-Sang ein. In sich verkürzenden Abständen und verstärkender Intensität schlug der Mönch, im Takt seiner sich überschlagenden Stimme mit der zum Himmel gerichteten Hand immer wieder auf seine andere, auf meinem Kopf ruhende Hand ein. Das Beten schien ihm Kraft zu verleihen, und bei jedem Schlag zuckte ich mehr und mehr zusammen. Die Arbeiter schrien bei jedem Schlag, der meinen Kopf traf, erregt auf, Lek hingegen schaute mich zufrieden lächelnd an. Ihr ruhiges Lächeln gab mir Kraft und so verdrängte ich alle in mir aufkommenden bösen Gedanken über den Ausgang dieser Gebetsstunde. Wie ich später verstand, hatte ich ein Aufnahmeritual bestanden und der Mönch lud uns, Lek und mich, ein, in seinem Haus zu übernachten.  Ich war sehr stolz auf die Einladung und auch Lek fand Spaß bei dem Gedanken, anstatt bei Ihrer Tante hier zu übernachten. Gemeinsam mit dem Mönch gingen Lek und ich zum Auto und holten ein paar Sachen, die wir für die Nacht brauchten. Wir blieben zwei Nächte beim Mönch, wuschen uns am nahe gelegenen Wasserfall, kochten und aßen gemeinsam mit ständig kommenden und gehenden Männern und Frauen. Ein Teil von Ihnen blieb nur für kurze Zeit, andere übernachteten vor der Hütte des Mönches. Tagsüber unternahm ich Wanderungen in die teilweise weglose Umgebung. Lek sah es allerdings nicht gern, wenn ich allein losging. Trotz ihrer Abneigung gegen das Wandern begleitete sie mich, denn nichts wäre schlimmer gewesen, als den „ting tong“ Farang, im Dschungel verlieren. „Ting tong“ steht bei den Thai für ein bisschen verrückt und das war ich wohl für die Thais. Nachts zog ich es vor, die Hütte des Mönches zu verlassen, um draußen am Feuer zu schlafen. Der Mönch verbrachte die halbe Nacht damit, jungen Männern, in der Christlichen Welt würden wir sagen, die 10 Gebote beizubringen. Ich weiß nicht, wo die Männer herkamen, die nächste Siedlung war schätzungsweise 10 km entfernt. Aber ständig waren 3 bis 8 von ihnen da, auf die der Mönch wie ein Besessener einredete. Im Gegensatz zu Lek konnte ich bei dem Krach nicht einschlafen. So verließ ich meinen Schlafplatz auf dem Betonboden und machte es mir irgendwie auf dem buckligen Lehmboden an einer Feuerstelle vor dem Haus gemütlich. Schlangen und Skorpione hoffte ich, würden durch den Schein und die Hitze der Flammen abgehalten und so legte ich, wie die anderen die hier schliefen, immer mal wieder ein Stück Holz nach, wenn ich mich in meinem Schlafsack herumwälzte. Die Feuerstelle selbst bestand aus zwei im stumpfen Winkel aneinander gelegten Baumstämmen. In der Lücke zwischen den Stämmen brannte das Feuer. Ich war deshalb von der simplen aber effektiven Konstruktion so fasziniert, weil es die Frauen verstanden, mit drei bis vier Töpfen gleichzeitig zu kochen und schmackhafte Menüs zu bereiten. Tagsüber hatte ich Zeit, mich von den anwesenden Frauen ausführlich in die Geheimnisse der thailändischen Kochkunst einzuführen lassen. Ebenso intensiv, aber mit weniger Erfolg als die Frauen versuchte mich der Mönch, in die Geheimnisse seiner Gebetssprache einzuführen. Lek war sichtlich froh, dass mich später einige Arbeiter zu einer nahe gelegenen, aus etwa 50 Bäumen bestehenden Kautschukplantage begleiteten. Damit waren meiner Neugierde und meinem Bewegungsdrang Genüge getan und sie konnte in Ruhe kochen und mit den anderen Frauen etwas schwatzen. Von den Arbeitern lernte ich, dass ein Kautschukbaum 6 bis 8 Jahre vom Setzlingsalter an braucht, um zur Gewinnung der weißen Kautschukmilch geschnitten werden zu können. Wenn man es richtig macht, so die Arbeiter, könnten 500 Kautschukbäume lebenslangen Wohlstand für eine Thai Familie bedeuten.  Die Tage beim Mönch vergingen wie im Flug. Mit Wehmut musste ich feststellen, dass meine Zeit in Thailand allmählich ablief. Zuvor jedoch lernte ich noch die Familie von Leks Tante kennen, kochte und aß mit Ihnen, lernte alles über die Herstellung von Seide und mir wurde gezeigt, wie die in der Umgebung geerntete Kautschukmilch zu so genannten Kautschukfellen verarbeitet wird. Wir machten einen Ausflug nach Kambodscha und besuchten den im Khao Phra Wiharn National Park gelegenen Preah Vihaear Tempel. Der Tempel, der während der wechselvollen Geschichte Kambodschas zeitweilig auch als Festung von Franzosen und Roten Khmer benutzt wurde, liegt zentral auf einem Berggipfel. Von diesem Gipfel hat man einen atemberaubenden Blick bis weit hinein nach Kambodscha. Außer dass der Tempel 100 Jahre älter ist als der berühmte Angkor Wat und dem Gott Shiva geweiht ist, liegen seine tatsächlichen Ursprünge mehr oder weniger im Dunkeln. Auf dem Rückweg zu unserem Auto, welches wir in Thailand zurück gelassen hatten, passierten wir zufällig eine, einst von den Roten Khmer gebaute Garnison. Die wenigen dort noch stationierten Soldaten luden uns freundlich lächelnd ein, alles in Ruhe zu besichtigen. Lek war das Ganze nicht geheuer. Auch die vielen Warnschilder, die auf die immer noch existierende Minengefahr abseits der Wege hinwiesen, beruhigten sie nicht. So machten wir uns, vorbei an dem zwischenzeitlich nicht mehr besetzten kambodschanischen Grenzposten und den thailändischen Grenzern, die wegen der Hitze ihre Uniformen abgelegt hatten, zurück zum Auto. Ich übernachtete noch einmal beim Bruder meiner Begleiterin. Da er aber nur einen Bungalow frei hatte, überließ ich diesen Lek und übernachtete in einer winzigen Hütte auf Stelzen am Ufer eines nahe gelegenen Sees. Der Bruder angelte ein paar Fische, die wir uns dann, mit viel Knoblauch gegrillt, mit Bier und Reis schmecken ließen. Am nächsten Tag besuchten wir einen sehr imposanten und wie ich meine einmaligen Tempel, der einschließlich aller Wände und Dächer aus grünen, braunen und farblosen Glasflaschen gebaut wurde. Der Tempel liegt in einem künstlich angelegten, kleinen See und ist über zwei wiederum nur aus Glasflaschen gebaute Brücken erreichbar. Selbst die den Tempel umgebenden Toilettenhäuschen bestanden vollständig aus Glasflaschen. Der Name des Tempels ist mir leider entfallen. Die letzte Nacht verbrachte ich wieder im Haus der Kwaengnams. Irgendwann zuvor hatte ich meine Vorliebe für Entensuppe erwähnt und einer der Verwandten lud mich an eben jenem letzten Abend zu dieser erhofften Köstlichkeit ein. Pog hatte, wie bereits früher keine Lust das Haus zu verlassen und Lek musste noch etwas erledigen. So saß ich schließlich allein zwischen 20 Thais allen Alters. Die einzigen, die ich hier kannte waren Leks Mutter und ihre Stiefmutter, die friedlich nebeneinander saßen und Gemüse auffädelten. Quiekend vor Freude ließen sich ein paar Thai Kinder von mir herumscheuchen.  Auf die Frage, woher er relativ gut Englisch sprechen könne antwortete mir ein junger Thai, dass er in Bangkok studieren würde. Als ich ihn fragte wieso er dann zu dieser Zeit nicht in Bangkok wäre, verschwand er, ein paar undeutliche Worte murmelnd. Lek erzählte mir später, er sei ein Go Go Boy gewesen und hätte in einer der Bars in Patpong, eines der Rotlichtviertel in Bangkok, gearbeitet. Jetzt habe er HIV und lebe wieder bei seiner Familie. Dann tauchte eine junge Frau auf, die mir ein paar Tage zuvor alles über die Seidenherstellung erzählt hatte. Ob ich noch ein paar von den leckeren Seidenraupen essen wollte, die sie mir während der Unterweisung aufgedrängt hatte, wollte sie wissen. Ich schmunzelte nur vieldeutig. An verschiedenen Stellen um mich herum wurde gekocht und gegessen. Der Verwandte, der mich zu Entensuppe eingeladen hatte, war verschwunden und Mutter und Stiefmutter Kwaengnam waren ebenfalls nicht mehr zu sehen.Nach etwa zwei Stunden näherte sich Leks Nissan. Lek stieg lächelnd aus und mit Schwung die Autotür zuschlagend fragte sie mich, wie die Entensuppe geschmeckt hätte. Als ich ihr mitteilte,  ich hätte noch kein Essen bekommen, schaute sie mich verdutzt an. Dann schrie sie unvermittelt auf und alle anderen stimmten wild gestikulierend in das Geschrei ein. Ich hörte immer wieder Farang, Farang ansonsten verstand ich nicht, worum es ging. Ich fühlte mich noch verlorener, als würde ich eine Oper in italienischer Sprache hören. Da erschließt sich die Handlung aus dem Bühnenbild und den Aktionen der Schauspieler. Hier aber erschloss sich mir gar nichts. Auf dem Höhepunkt der Ereignisse jedoch entwickelten sich Ähnlichkeiten zur Operndramaturgie.  Die Heldin Lek, reichte stolz erhoben Hauptes, dem am Boden sitzenden, dem „Hungertod“ nahen Rüdiger, also mir, die Hand und schmetterte mit der Gewalt ihrer Sopranstimme die Botschaft in die Runde: „We go home“. Ich kam mir schon ein bisschen blöd vor, wie ich mich an Ihrer Hand zum Auto führen ließ. Zur Rettung meines männlichen Egos reichte sie mir jedoch das Schwert der Neuzeit, die Autoschlüssel und ich durfte die 300 m zu ihrem Haus fahren.  Zu Hause angekommen war sie wie ausgewechselt, sie lächelte freundlich und öffnete eine Flasche Thai Whisky und erklärte mir, was sie von Ihren Verwandten hielt. Gemeinsam mit ihrem Mann leerten wir die Flasche. Wir alle hatten nichts im Magen und so entfaltete der Whisky rasch seine Wirkung. Mitten in der Nacht, der Hunger war trotz Whisky nicht mehr wegzudiskutieren, wurde die Idee geboren, ein Huhn zu schlachten. Gesagt, getan, mit meiner Taschenlampe, die mir schon am Mekong und beim Lichtausfall des Nissans wertvolle Dienste erwiesen hatte, blendete ich ein in einem Baum sitzendes Huhn. Pog Kweangnam zerrte das überrascht aufkreischende Huhn aus dem Baum. Das war aber schon alles, was planmäßig bei der Hühnerschlachtung passierte. Lek schlug auf das Huhn mit einem Holzstößel ein und schlug gleichzeitig meine Warnung in den Wind, dass so ein Huhn nicht umzubringen sei. Ich musste mir so lange anhören dass ich als  ting tong Farang keine Ahnung vom Hühnerschlachten hätte, bis das bei Seite gelegte Huhn tatsächlich aufflatterte. Bei der nachfolgenden Hetzjagd durch alle Winkel des Kwengnamschen Grundstückes ließ ich etwas Eifer vermissen und Lek und Pog den Vortritt bei der Hühnerjagd. Das blieb Lek nicht verborgen. Zur Strafe drückte sie mir das kreischende Huhn in die Hand. Nun war es an mir, die weiteren Schritte einzuleiten. Lek und Pog setzten sich und beobachteten grinsend ihren Farang, wie er sich wohl bei der Hühnerschlachtung anstellen würde. Als Kind hatte ich schon bei meinen Großeltern gelernt, wie man Hühner schlachtet. So gab ich Lek nach einiger Zeit das von den Federn befreite und fertig ausgenommene Huhn zur weiteren Verarbeitung. Weit nach Mitternacht genossen wir die wohl beste Hühnersuppe unseres Lebens. Ich werde diesen Abend nie vergessen. Lek, Pog, Rüdiger zusammen in der Hängematte sitzend, Hühnersuppe schlürfend, die unendliche Tiefe und Klarheit des Thai Himmels ergründend, schwatzend, schweigend, die Freude des Augenblicks, wie den Schmerz des nahenden Abschiedes spürend, versuchten wir die Zeit anzuhalten. Solange, wie die Wirkung der heißen Suppe und des starken Thai Whiskys anhielt, schien  die Zeit tatsächlich still zu stehen.Der nächste Morgen brachte den Abschied, nicht nur von Lek und Pog. Alle waren gekommen, um mich zu verabschieden; Mama, Stiefmama, Freunde und Verwandte aus dem Dorf. Alle die sich am Vorabend wegen der Entensuppe noch gestritten hatten, baten mich, für was auch immer um Entschuldigung.  Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal in meinem Leben  Tränen der Rührung in meinen Augen hatte. Aber das Unerwartete und die Intensität des Augenblickes ließen mir die Abschiedstränen in die Augen schießen. Alle Leser dieses Reiseberichtes, die meinen, ich sei tatsächlich „ting tong“ haben Recht. Manchmal ist es gut ein bisschen „ting tong“ zu sein, warum weiß ich nicht, aber es ist so. 

 

 Reisebericht:
Ting Tong Farang 1 Reisebericht von Ruediger Beez
 

Kommentare


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reinhild am 21.07.2008
Hallo Rüdiger, ich habe Deinen spannenden Bericht mit Interesse gelesen. Im November fliege ich nach Thailand, allerdings organisiert, sodass mir solche Erlebnisse leider nicht vergönnt sein werden. Ich wünsche Dir noch viele, schöne und interessante Reisen und Erfahrungen. Liebe Grüße Reinhild

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Ting Tong Farang 1 Reisebericht von Ruediger Beez
Eine ungewoehnliche Reise nach Thailand, oder wie ich zu dem Namen Ting Tong Farang kam
Autor: ruediger
Land:Thailand

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